Filmkritik zu Light of My Life

Bilder: Filmverleih Fotos: Filmverleih
  • Bewertung

    Willkommen in einer Zukunft ohne Frauen

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2019
    Survival-Dramen stellten im Kino der letzten Jahre keine Rarität dar. Besonders populäre Vertreter wie „Life of Pi“, „All is Lost“ oder „The Road“ zogen in der Filmwelt viel Aufmerksamkeit auf sich. Ähnlich wie der zuletzt erwähnte „The Road“ ist auch das Drama „Light of My Life“, bei dem es sich um die neue Regie-Arbeit von Schauspieler und Oscar-Preisträger Casey Affleck handelt, in einer postapokalyptischen Zukunftsvision angesetzt. Hierbei handelt es sich um das zweite Regie-Projekt Afflecks nachdem dieser bereits 2010 die Mockumentary „I'm Still Here“ drehte.

    Das Überlebensdrama spielt in einer dystopischen Zukunft, in der der Großteil der weiblichen Bevölkerung durch eine weltweite Plage ums Leben kam. Aus diesem Grund tarnt ein Vater (Casey Affleck), dessen Name nie genannt wird, seine 11-jährige Tochter Rag mit Kurzhaarfrisur als Junge. Der Vater legt sich zu jeder Sekunde ins Zeug um seine Tochter vor der globalen Pandemie zu beschützen. Die beiden finden in einem Haus, in dem drei Männer wohnhaft sind Unterschlupf, jedoch hält der erhoffte Frieden nicht all zu lange an.

    Affleck ist mit seinem neuen Film ein visuell eindrucksvolles und überzeugend gespieltes Sci-Fi-Drama gelungen, das abseits dessen jedoch an einigen Problemen leidet. Narrativ gesehen handelt es sich bei „Light of My Life“ um ein sehr geschwätziges Werk, dessen Erzähl-Flow jedoch teilweise kürzere Dialogszenen gut getan hätten. Einerseits sei es Affleck natürlich zu Gute gehalten, dass er in einer Zeit, in der viele Hollywood-Filme gefühlt jede Sekunde einen Cut einbauen, ebendieses Problem durch lange, in Echtzeit spielende Dialogszenen vermeidet. Andererseits driften diese Sequenzen häufig in belanglose und teils auch plump geschriebene Dialoge ab, die den Film streckenweise vor sich hinplätschern lassen. Zudem wird man beim Schauen ab und an das Gefühl nicht los, dass Affleck gewisse progressiv und feministisch anmutende Zitate des Films nur eingebaut hat, um auf Vorwürfe der sexuellen Nötigung, die ihm seit seinem Oscar-Gewinn nachgesagt werden, zu reagieren.

    Auch tonal wirkt der Film oft verwirrt. Während Affleck an das dystopische Drama weitestgehend realistisch herangeht, setzt er im letzten Drittel auf ein fast schon unfreiwillig komisches Maß an Gewalt, die in ihrem exzessiven Ausmaß völlig fehl am Platz wirkt. In der Pressekonferenz erzählte Affleck, dass sein Werk ursprünglich als Horrorfilm geplant gewesen war, was den radikalen tonalen Shift besser erklären würde.

    Immerhin auf schauspielerischer Ebene weiß der Film vollends zu überzeugen. Affleck selbst spielt als sorgsamer Vater groß auf und beweist einmal mehr, wie beeindruckend er zerbrochene Charaktere verkörpern kann. Gemeinsam mit Jungdarstellerin Anna Pniowsky, die ein beachtliches Schauspieldebüt abliefert, kreiert Affleck eine funktionierende Dynamik, die den emotionalen Kern des Films bildet. Auch Emmy-Preisträgerin Elizabeth Moss („The Handmaids Tale“) weiß als verstorbene Mutterfigur, die in Flashback-Sequenzen zu sehen ist, durchaus zu überzeugen.

    Ästhetisch wirkt der Film zwar streckenweise etwas unterbelichtet, kann aber durch hypnotische Landschaftsaufnahmen von Kameramann Adam Arkapaw (u.A.: „True Detective“, Season 1) verzaubern.

    Fazit: Bei „Light of My Life“ handelt es sich um einen Film, dessen Storykonstrukt eine faszinierenden Mischung aus „Leave No Trace“ und „Children of Men“ anmuten lässt, aus seiner Prämisse jedoch wenig mehr als langwierige Dialogszenen rausholt. Das postapokalyptische Drama kann schlussendlich zwar mit tollen Performances und einer schönen Ästhetik beeindrucken, lässt aber einiges an Potenzial links liegen. Schade!
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    (Christian Pogatetz)
    09.02.2019
    21:26 Uhr