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  • Bewertung

    Bildgewaltiges Familiendrama ohne Epos

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2019
    Emin Alpers „A Tale of Three Sisters“ ist ein Familiendrama über Liebe und Konkurrenz, Ambitionen und Bosheiten, das sich in einem kleinen malerischen Dorf in den verschneiten Bergen des türkischen Hinterlands abspielt. Alper erzählt mit fast märchenhaften Mitteln die Geschichte dreier unzufriedener Frauen, die sich ein Haus mit ihrem herrschsüchtigen Vater teilen.

    Einsetzen tut die Handlung als die junge Havva (Helin Kandemir), die jüngste der drei Schwestern, aus der Stadt zurück ins Dorf gefahren wird. Eines der Kinder, das in der Stadt unter ihrer Obhut stand, ist gestorben und die Familie, die sie beherbergt hat, hat keinen Gebrauch mehr für sie. Ihr Vater Sevket (Mufit Kayacan) versucht sofort einen neuen Job für sie zu finden, vor allem da ihre Schwester Nurhan (Ece Yuksel) ebenfalls gerade gekündigt wurde und im kränklichen Zustand ins Dorf zurückkehrt. Ihr Arbeitgeber Dr. Necati (Kubilay Tuncer) hat das rebellische Mädchen gefeuert, da er mit ihren Erziehungsmethoden gegenüber seinem Kind nicht einverstanden war. Dr. Necati beschließt die Nacht im Dorf zu verbringen, was die kommenden tragischen Ereignisse provoziert.

    Ebenfalls vor Ort ist die älteste Tochter Reyhan (Cemre Ebuzziya), die mit ihrem Baby und ihrem Ehemann Veysal (Kayhan Acikgoz), einem abergläubischen und leicht stupiden Schafhirten beim Vater wohnt. Veysal muss sich beim Schafe hüten nicht nur mit mysteriösen Geräuschen und dubiosen Fremden abplagen, es scheint auch dass sein Schwiegervater ihn für einen Feigling hält und seine Frau ihn hasst. Er versucht bei Dr. Necati einen Job zu erbetteln, aber sein alkoholisierter Zustand und die Opposition seines Schwiegervaters lassen ihn keinen guten Eindruck hinterlassen. Während Dr. Necati mit Sevket und dem Dorfoberhaupt am Feuer Raki trinkt, haben die Schwestern in der Hütte ein klärendes Gespräch darüber was ihnen am Herzen liegt und welche Animositäten sie füreinander hegen.

    Formell erinnert der Film im ersten Moment an Chekhovs „Drei Schwestern“, aber das einzige was beide gemeinsam haben ist, dass die Mädchen im Zentrum sich wünschen in der Stadt zu leben. Alpers Film fehlt jedoch die notwendige Dramatik, um wirklich mit Chekhov Schritt halten zu können. Seinen Film mangelt es zwar nicht an einem dramatischen Finale, aber einen Großteil seiner Laufzeit geht es mehr um Bildgewalt als um menschliche Dramatik.

    Diese Bildgewalt von Kameramann Emre Erkmen ist es jedoch, die den Film letztendlich sehenswert macht. Er verwandelt die verschneiten Landschaften in magische Welten und drückende Bedrohungen und fängt die Naturgewalt der türkischen Landschaft mit seinem weiten Winkel ideal für das Erleben auf der großen Leinwand ein. Doch die malerischen Bilder können nicht die teilweise etwas zähe Handlung wett machen. Das Drama akkumuliert sich langsam, aber es fehlen die vereinzelten Höhepunkte, um es spannend zu machen.
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    (Susanne Gottlieb)
    28.08.2019
    22:27 Uhr
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