Filmkritik zu Office 3D

Bilder: Filmverleih Fotos: Filmverleih
  • Bewertung

    Finanzen mit Broadway-Feeling

    Exklusiv für Uncut vom Slash Filmfestival
    Das man ein Musical über Theater und den Broadway machen kann, das wissen wir spätestens seit Mel Brooks „The Producers“. Hongkongs Action-Routinier Johnnie To will nun mit „Office“ beweisen, dass Musical auch mit dem eher trockenen Thema Wirtschaft und Finanzen gut Hand in Hand geht. Und er hat recht: Die schwungvoll inszenierte Musical-Satire macht Spaß, geht gut ins Ohr und schaut auch noch verdammt cool aus.

    Angesiedelt im Hong Kong des Jahres 2008 wird der Alltag im Büro aus der Perspektive der neuen Assistenten Lee Xiang (Ziyi Wang) und Kat Ho (Yueting Lang) erzählt. Lee Xiang ist ein gutmütiger Kerl, der voller Tatendrang und Ideen an die Arbeit geht und sich schnell zum neuen Liebling der resoluten CEO Winnie Chang (Sylvia Chang) mausert, sehr zum Missfallen von David Wang (Eason Chan), Lees Vorgesetztem. Kat hingegen trägt ein Geheimnis mit sich herum. Ihr Vater, ebenfalls CEO und Liebhaber von Winnie Ho Chung Ping (Yun-Fat Chow), will nicht dass das Familienverhältnis die Runde macht. Wenn sie also nicht gerade Kaffee holt, versucht sie verstecken, dass ihre Schuhe doch etwas teurer sind, sie einen Fahrer hat oder gelegentlich mit dem Exklusiv-Lift hoch ins Büro fährt.

    Während die beiden noch dabei sind ihre erste Sporen zu verdienen, haben die Charaktere der Chefetage mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Winnie versucht mit allen Mitteln eine finanziell marode US-Firma für den asiatischen Markt fit zu machen. David dagegen hat sich seine Macht zu Kopf steigen lassen und steckt ob seiner heimlichen Investitionen in büroeigene Aktien nun in der Schuldenfalle. Aus der versucht er mittels der Hilfe von Sophie (Wie Tang), der Buchhalterin zu kommen, die selber gerade eine emotionale Achterbahn durchfährt. Ihr Verlobter setzt sie unter Druck in die Vorstadt zu ziehen und Kinder zu haben, zwei Dinge, die sie absolut nicht möchte.

    Es tut sich viel in diesem pompös durchgestylten Musical, aber die Handlung ist charmant und flott inszeniert, die Darsteller sympathisch und man muss auch kein Business-Whizz sein um zu verstehen was auf der Leinwand passiert. To erinnert mit „Office“ erneut daran, dass er nicht nur ein Händchen für Actionfilme hat, sondern auch immer wieder unterhaltsame Komödien aus dem Hut zieht. Für das Skript verantwortlich zeichnet sich Winnie-Darstellerin Chang, ihr Ur-Musical hatte sogar eine Länge von vier Stunden. Gemeinsam mit To kürzte sie schließlich auf zwei Stunden und heiterte den Grundtenor etwas auf.

    Was der Film seinem Ausgangsmaterial jedoch in Ehren hält ist die Inszenierung. To hat den Film ausschließlich auf einem Soundstage gedreht, eine große Treppe und rotierende Uhren sind ähnlich einer Broadway Bühne die wiederkehrenden Elemente, auf denen die Sets auf- und abgebaut werden. Diese sind zwar detaillierter als Lars von Triers „Dogville“-Experiment, verlangen aber vom Zuschauer ebenfalls den Extrafunken Vorstellungskraft. Die Neonröhren, die dem Raum Struktur und Tiefe geben, sind in dem einheitlichen Farbenlook weiß, rot oder orange gehalten, während die restliche Umgebung vor einem schwarzen Hintergrund verschwindet. Beizeiten erinnert das ganze ein wenig an „Tron“.

    Der einzige Wehmutstropfen für Liebhaber des Genres ist die Tatsache, dass in einem in Hong Kong basierten Büro alle Darsteller Mandarin sprechen, obwohl Hong Kong im kantonesischen Sprachraum liegt. Dennoch schaffen To und Chang ein zweistündiges Feuerwerk an bunten Musiknummern und einfühlsamen Momenten mit einem bittersüßen Ende. Anspielungen auf die Lehman-Brothers-Pleite kommen auch nicht zu kurz und so transzendiert der Film gekonnt zwischen Unterhaltung und kritischen Subtext über moderne Wirtschaftsblasen. Ein Abgesang auf alte Strukturen, im wahrsten Sinne des Wortes.
    susn_15a35adfde.jpg
    (Susanne Gottlieb)
    27.09.2018
    17:00 Uhr
    Meine Top-Filme: