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    Zwischen dem Nichts und der Hoffnung

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2018
    Der Alltag von Nada und ihrer Tochter Hava wäre für Ungeübte wohl nur schwer zu ertragen. Ständig läuft neben dem Fernseher (von der Mutter in schwierigen Situation als „Hypnotisator“ für das Kind verwendet), noch mindestens ein Haushaltsgerät, der Wellensittich fliegt lautstark durchs Zimmer, das Telefon klingelt... aber irgendwie behält sie den Alltag trotzdem immer im Griff. Und dies in einem Land wo auch für Menschen, die es einfacher haben als sie noch lange nicht alles funktioniert. Das Sozialsystem ist – gelinde formuliert – sehr durchlässig und noch heute ist der Krieg in fast jeder Alltagssituation früher oder später zu spüren.

    „Nada“ bedeutet in der Muttersprache der Filmemacherin Marta Hernaiz – rätseln sie mit mir was die Mexikanerin ausgerechnet nach Bosnien verschlagen hat – soviel wie „nichts“, in jener der Hauptfigur ihres ersten Langfilmes jedoch „Hoffnung“. Ob diese doppelte Interpretationsmöglichkeit Pate gestanden hat bei der Benennung lässt sie im Publikumsgespräch offen, fest steht, sie hat das Drehbuch in enger Zusammenarbeit mit Aida Hadžibegović entwickelt, der Darstellerin der Hauptfigur und gleichzeitig auch im realen Leben Mutter der kleinen Hava.

    Diese große emotionale Nähe zwischen Filmemacherin, Mutter und Kind ist in diesem Film ständig spürbar. Auf Augenhöhe und mit viel Einfühlungsvermögen begegnet der Blick der Kamera den beiden Hauptfiguren und tut nie was der Zuschauer angesichts der endlosen Schrei- und Beatboxingexzesse des Kindes gerne würde, nämlich genervt die Augen verdrehen und „Jetzt is' aber mal genug!“ rufen. Nein, immer bleiben Mutter und Kamera geduldig und liebevoll ohne je dabei ins Rührselige abzugleiten.

    Neben der beindruckenden Mutter-Tochter-Beziehung lernt man ein spröde schönes Land kennen, das wohl die meisten nur aus den Nachrichten kennen. Kaum etwas erreicht dort die Maßstäbe der sogenannten westlichen Welt und man ist verblüfft wieviel Kriegsschäden und gute altes Jugoflair noch immer die Straßen prägen. Gleichzeitig vermittelt der Film eine stille Gelassenheit und Hilfsbereitschaft die die Bewohner zu prägen scheinen.

    Es ist ein schönes Land und ein schöner Film.
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    (Michael Gegenhuber)
    26.02.2018
    20:05 Uhr