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  • Bewertung

    Bildgewaltiges Actionspektakel

    Exklusiv für Uncut
    Man muss den Actionfilm-Göttern danken, dass Christopher McQuarrie und Tom Cruise sich gefunden haben. Zu einer Zeit, in der viele Franchises sich mehr und mehr auf CGI-Sets und Action verlassen, ist „Mission Impossible: Fallout“ eines der wenigen modernen Beispiele und vermutlich das einzige Franchise, das noch auf alte hausgemachte Action mit realen Sets und Stunts setzt und viel Aufmerksamkeit auf das Scouten von atemberaubenden Drehorten legt. Aber viel mehr noch ist der sechste Teil der „Mission Impossible“-Reihe die Umkehr der Annahme, dass eine Filmreihe mit jedem Sequel schlechter wird. In diesem Fall steigern sich die Filme mit jedem neuen Beitrag.

    Handlungstechnisch bleibt man erst mal bei der altbekannten Formel. Wieder einmal wird von Seiten der CIA das Existenzrecht des IMF angezweifelt als Ethan Hunt (Tom Cruise) und sein Team Benji Dunn (Simon Pegg) und Luther Stickell (Ving Rhames) es vermasseln, am Schwarzmarkt gedealtes Plutonium zu erlangen. Der Auftrag hätte sie auf die Spur der ominösen Apostel führen, einer Gruppe Terroristen die die gegenwärtige Weltordnung stürzen wollen. Ein neuer Plan sieht es vor, mit dem Mittelmann der Apostel in Paris Kontakt aufzunehmen, als Draufgabe gibt es CIA-Mann August Walker (Henry Cavill mit dem berühmt gewordenen Schnauzer), der die Aktion überwachen soll. Vor Ort laufen Hunt und Team wieder der MI-6-Agentin Ilsa Faust (Rebecca Ferguson) über den Weg, die auch diesmal wieder in einem Geheimauftrag handelt. Und dann ist da noch Hunts alter Widersacher Solomon Lane (Sean Harris), der auch irgendwie in die Sache verwickelt ist.

    Wie in jedem „Mission Impossible“-Teil davor ist das wer gegen wen und wann nur begrenzt von Relevanz um dem Film folgen zu können und „Fallout“ braucht diese Komplexität auch gar nicht. Der Film ist eine einzige lange Actionsequenz, die sich über zwei Kontinente spannt und nur wenig Atempausen dazwischen lässt, um dann den Figuren kurz neue Informationen um die Ohren zu werfen oder jüngste Entwicklungen aufzudecken. Das klingt vielleicht anstrengend, aber es funktioniert. Ob eine flott inszenierte Prügelszene im Männerklo zwischen Hunt, Walker und dem vermeintlichen Handler Lark (Liang Yang), wilde Verfolgungsjagden durch Paris mit Hunt und Anhang im Auto und Faust am Motorrad oder Konfrontationen mehrere hundert Meter in der Luft mithilfe zweier Helikopter die wie Rammböcke verwendet werden – Cruise und McQuarrie toben sich mit ihrer Fantasie aus wie zwei Kinder im Süßigkeitenladen. Geht nicht gibt’s nicht. Wer denkt schon dran wie realistisch etwas ist, wenn es so atemberaubend aussieht.

    In seinen ruhigeren Momenten gräbt der Film dann auch wieder etwas tiefer als seine beiden Vorgänger und zeigt uns ein bisschen was vom Seelenleben Ethan Hunts. Gleich zu Beginn sieht man ihn und seine Ex-Frau Julia (eine wiederkehrende Michelle Monaghan) bei ihrer Hochzeit und wie sie kurz danach von einer Explosion hinweggefegt werden. Selbstverständlich alles ein Traum, aber die ewige Schuld und Bürde Hunts, Julia in Sicherheit zu wissen wird immer wieder im Laufe des Films thematisiert werden. Auch als klar wird, dass Ilsa und Ethan mehr füreinander empfinden wird diese von Luther eindringlich darauf hingewiesen: „Der Mann liebt dich, aber er hat so viel durchmachen müssen.“ Der Held ist somit nicht nur ein unzerstörbarer Alleskönner, er hat auch etwas von einem shakespeareschen Protagonisten. Ferguson nimmt mit ihrer Präsenz wie bereits in „Rogue Nation“ wieder die Leinwand für sich ein, Monaghan präsentiert eine reifere Version ihrer Julia und auch die Neuzugänge Vanessa Kirby als White Widow und Angela Bassett als CIA-Chefin Erica Sloane bereichern den Film mit weiblicher Power auf Augenhöhe.

    Faust und Hunts potenzielle Romanze mag zwar seine Befürworter und Gegner finden, das unumstrittene Power-Duo ist jedoch die überraschend hervorragende Paarung von Cruise und Cavill. Erst als Partner wider Willen, später als Gegner, als sich wenig überraschend herausstellt, dass Walker doch nicht der kaltschnäuzige CIA-Agent ist der er ist, entwickeln die beiden eine Dynamik die schon fast etwas Scewball-haftes hat. Es ist schade wenn man bedenkt, dass dies eventuell Cavills einziger Auftritt im „Mission Impossible“-Universum sein wird. Es bleibt nur zu hoffen, dass der gute Mann in seiner weiteren Karriere mehr Rollen vom Kaliber August Walker bekommen wird als Clark Kents, da offensichtlich doch mehr Talent in dem Briten steckt als er bisher der Öffentlichkeit präsentieren konnte.

    „Fallout“ ist somit ein starker Kandidat, einer der besten, wenn nicht sogar der beste Actionfilm in diesem Jahr zu werden. McQuarrie und Cruise schaffen es nicht nur wunderbar zu unterhalten, sie kreieren auch ein Plädoyer bei Zuschauern und Studios. Ein Plädoyer für mehr grobe Action ohne Greenscreen, in der der Held noch verwundbar sein darf, die Bedrohung handgreiflicher und die Technologie in der Bekämpfung dieser weniger dominant ist. Ein Film der guten alten Actionschule, upgedatet für das Kino von heute.
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    (Susanne Gottlieb)
    28.07.2018
    08:57 Uhr
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