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  • Bewertung

    Party. Die. Repeat.

    Exklusiv für Uncut von der Diagonale
    Genre-Kino stellt in Österreich leider immer noch eine seltene Rarität dar. Trotz populärer Ausnahmen wie „In 3 Tagen bist du tot“ (2006), „Blutgletscher“ (2013) oder dem gar international umschwärmten „Ich Seh, Ich Seh“ (2015) wird der Horrorfilm hierzulande oft nicht wirklich ernst genommen und von vielen Seiten als schäbig abgetan. Besonders an deutschsprachigen Filmhochschulen werden die Studenten oft in eine Arthaus-lastige Richtung getrieben, die kaum weiter entfernt vom ‘ach so minderwertigen Horrorkino’ sein könnte. Umso schwieriger gestaltet es sich natürlich für leidenschaftliche Genre-Fans in Österreich ihre Traum-Projekte finanziert und gefördert zu bekommen.

    Dominik Hartl, Absolvent der Filmakademie Wien und passionierter Horror-Fanatiker wollte das Risiko dennoch eingehen und begann schon während dem Studium an einem Zombie-B-Movie im Alpengewand zu arbeiten. Obwohl der Streifen jahrelang in der Produktionshölle schmoren musste, blieb Hartl nichtsdestotrotz stets am Ball und konnte sein Passionsprojekt Winter 2016 endlich in die heimischen Kinos bringen. Auch in seinem Folgefilm bleibt der Filmemacher der Genre-Linie treu und meldet sich mit Österreichs Antwort auf US-Teenie-Slasher der 90er-Jahre zurück. In „Die letzte Party deines Lebens“ gestaltet sich die langersehnte Maturareise in Kroatien für eine Schulklasse zum wahren Alptraum, als die Gruppe nach und nach von einem mysteriösen Killer mit Smiley-Maske dezimiert wird.

    Nachdem ihre beste Freundin Jessy (Antonia Moretti) in Folge eines Streitgesprächs über Nacht spurlos verschwindet, sich dann aber via SMS scheinbar doch meldet, scheint für die frische Maturantin Julia (Elisabeth Wabitsch) die Welt noch halbwegs in Ordnung zu sein. Als dann aber Obertussi Denise (Valerie Huber) in Folge eines skurrilen Unfalls tot auf der Tanzfläche aufgefunden wird und Julia beängstigende Snapchat-Nachrichten erhält, wird ihr langsam aber sicher klar, dass es jemand auf ihre Klasse abgesehen hat.

    Im Gegensatz zum eher komödiantisch trashig anmutenden Zombie-Splatter „Angriff der Lederhosenzombies“ nimmt sich Hartls Maturareise-Slasher tatsächlich weitestgehend Ernst, was einer der Anhaltspunkte ist, die den Film für mich zu einem richtig gelungenen Thrill-Ride machen.

    Erfindet der Streifen das Genre neu?

    Nein – der Teenie-Schocker bedient sich im Grundkern sogar einer fürs Genre klassischen Struktur. Ich halte es jedoch für einen in Europa weit verbreiteten Irrglauben, dass das Narrativ eines Films zwingend originell sein muss, um am Ende des Tages ein positives Gesamtergebnis zu liefern. Was den Film für mich in erster Instanz wirklich gut funktionieren lässt, ist ganz simpel gesagt die effiziente Umsetzung des Stoffs.

    Man merkt dem Streifen zu jeder Sekunde an, dass hier wahrhaftige Horror-Spezialisten am Werk waren, die sämtliche inszenatorische Kniffe des Genres beherrschen. Hartl verfällt jedoch nie in einen Trott an billigen Jumpscares, sondern versucht stets durch knackig platzierte Schnitte und geschickt gewählte Kamerawinkel in bester Old-School-Manier Suspense zu erzeugen. Dabei sei jedoch erwähnt, dass die Schockmomente überraschend blutarm auskommen und sich der eigentliche Horror dieser Szenen zumeist eher im Kopf des Zuschauers abspielt anstatt ein artifizielles Kunstblutbad zu erzeugen.

    Trotz des geringen Gore-Gehalts, ist es den Machern tatsächlich gelungen, sich kreative Wege beim Morden der einzelnen Charaktere einfallen zu lassen, wodurch trotz des zu weiten Teilen eher schablonenhaften Ablaufs die Spannung aufrecht erhalten werden kann. In Bezug auf die im Film porträtierten Morde wird man besonders eine bestimmte Sequenz mit einer Glasflasche noch länger im Gedächtnis behalten. Durch geschickt platzierte falsche Fährten sowie Twists bleibt der Film auch narrativ nicht vollkommen flach und überrascht sogar gegen Ende mit einer tiefgründigen Wendung, deren Aussage zwar stark an der Oberfläche kratzt, aber immerhin für einen wohlverdienten Schockmoment sorgen kann.

    Allgemein ist es insbesondere den technischen Mitarbeitern gelungen das altbewährte Slasher-Konzept in eine frische und energetische Verpackung zu stecken. Spezielles Lob gebührt hierbei dem renommierten Kameramann Thomas Kiennast, dessen fantastische Farb- und Lichtspielchen vor allem aus den Party-Sequenzen einen ästhetischen Augenschmaus zaubern konnten. Das stets saubere und konsequent gehaltene Framing ist besonders bemerkenswert, da die Einstellungen zum Großteil tatsächlich am echten X-Jam-Festival gefilmt wurde und ein Dreh inmitten dieses Massenauflaufs natürlich unendliche Störfaktoren mit sich bringt. In einem solchen Tumult derart wunderschön beleuchtete und fein ausstaffierte Aufnahmen zu bewältigen, war mit Sicherheit ein organisatorischer Kraftakt, der definitiv Respekt verdient hat.

    Auf musikalischer Ebene wird der Teenie-Schocker in verschiedensten Variationen stets von Gigi D’Agostinos grotesker 90s-Disco-Hymne „L’Amour toujours“ begleitet, die das Ambiente und den immer größer werdenden Wahnsinn des Films passend untermalt.

    Ein weiterer positiver Aspekt ist der akkurat eingefangene Zeitgeist der jugendlichen Protagonisten. Als jemand, der selbst erst vor knapp zwei Jahren seine Matura abgelegt hat, fand ich das Jugendflair des Films überraschend authentisch eingefangen. Von der Snapchat-Besessenheit der Teenager über die Verwendung skurriler Spitznamen und Slangwörter bis hin zu Streitereien wegen Studien-bedingten Umzügen – es kam mir vor als hätten sich die Drebuchautoren tatsächlich mit den Vorlieben und Problemen der heutigen Generation Y auseinandergesetzt. Zugegebenermaßen werden zu Beginn noch klassische Teenie-Stereotypen aufgebaut, die jedoch im Laufe des Films gebrochen werden, um das Handeln der Charaktere in einem solchen Szenario weit realitätsnaher und menschlicher wirken zu lassen, als in Genre-Vorbildern wie beispielsweise „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“. Letzterer wird sogar einmal am Rande wörtlich referenziert.

    Das authentische Flair bekommt durch das hochtalentierte Jungensemble zudem noch zusätzliche Antriebskraft verliehen. Hauptdarstellerin Elisabeth Wabitsch weiß nach ihren letztjährigen Filmdebüt im Coming-of-Age-Drama „Siebzehn“ einmal mehr durch ihr konstant natürliches Spiel zu beeindrucken und zeigt besonders im fast schon Torture-Porn-haften letzten Drittel, dass sie auch das Zeug zur österreichischen Scream-Queen hat. In einer Nebenrolle fällt besonders Klamauk-König Michael Ostrowski in der Figur eines Party-Animateurs auf. Dessen eiskaltes, aber dennoch charmantes Gemüt kann für einige der wenigen selbstironischen Lacher im Film sorgen.

    Dominik Hartl hat mit „Die letzte Party deines Lebens“ das Genre des Teenie-Slashers definitiv nicht auf den Kopf gestellt. Durch die fabelhafte Ästhetisierung, den originellen Todesszenen sowie dem Genre-untypischen Realismus hat Hartl aber aus altbewährten Zutaten einen dennoch frisch schmeckenden Cocktail gemixt, der das Potenzial zum Austro-Kultklassiker besitzt. Ein hoffentlich essentieller Grundbaustein für qualitatives Genre-Kino made in Austria – bitte mehr davon!
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    (Christian Pogatetz)
    22.03.2018
    15:19 Uhr