Filmkritik zu Der Grinch

Bilder: Universal Pictures International Fotos: Universal Pictures International
  • Bewertung

    Charmante kurzweilige Suess-Adaption

    Exklusiv für Uncut
    18 Jahre nach der überdrehten Ron-Howard-Version mit Jim Carrey darf ein neuer Grinch, diesmal komplett in 3D, den fröhlichen Bewohnern von Whoville das Weihnachtsfest stehlen. Unter der Regie von Scott Mosier und Yarrow Cheney entstand ein Film, der sich mehr in vorhergegangene Dr. Seuss Verfilmungen wie „Horton hört ein Hu“ oder „Der Lorax“ einordnet, sich aber vielleicht gerade deswegen nicht aus der Masse an Adaptionen heraushebt und dem Material, trotz seiner Unterhaltsamkeit, wenig Neues hinzufügt.

    Die Story ist bekannt. Der Grinch, im Original gesprochen mit dem tiefen Bariton von Benedict Cumberbatch, im Deutschen von Otto Waalkes, eine überraschende Wahl die dennoch hervorragend funktioniert, designierter Weihnachtshasser und Einsiedler, will das große Whoville Weihnachtsfest unterbinden. Gemeinsam mit seinem Hund Max verkleidet er sich in der Weihnachtsnacht als Santa und schleicht sich von Haus zu Haus um die Geschenke und Bäume der Einwohner zu stehlen. Doch wie bekannt lassen sich die Whoville-Bewohner davon nicht in ihrem Weihnachtsgeist beirren und feiern trotzdem gemeinsam ein Fest, was beim Grinch zu einem Wandel seines kalten Egos führt.

    Wie bei allen Dr. Seuss Büchern handelt es sich bei der Vorlage um ein vorwiegend bebildertes, schlankes Buch mit überschaubarem Plot (Sofern dieser überhaupt vorhanden ist, Werke wie „Green Eggs und Ham“ oder „Fox in Socks“ werden wahrscheinlich nie ihr Filmpotenzial erreichen). Die Frage ist somit weniger wie getreu die Adaption ist, sondern was die Drehbuchautoren um die Kernhandlung herum erfinden, um auf Spielfilmlänge zu kommen. Die Fülle an Plot schöpft die 2018er-Version Gott sei Dank nicht aus einer dramatischen Dreiecksbeziehung, in der der Grinch dem Bürgermeister eins auswischen will weil er dessen Angebetete heiraten will. Auch versucht der Film nicht mithilfe der kleinen Cindy Lou eine Konsumkritik aus dem Nichts zu fabrizieren, gerade weil das „Liebe statt Geschenke“ Ende so ikonisch ist und dahingehend eigentlich alles gesagt ist.

    Der Film macht sich viel eher einen Spaß daraus, den etwas öden Alltag des Grinchs und Max in ihrer einsamen Höhle zu zeigen oder seine chaotischen Vorbereitungen auf seinen Coup, die unter anderem darin ausarten, dass er ein dickes Rentier entführt, um es vor seinen Schlitten zu spannen. Dass Otto hier als Sprecher fungiert macht die Sache umso lustiger, weil er dadurch ungeplant etwas von seinem alten „Ice Age“-Charakter Sid kanalisieren kann. All das in einem Film der eigentlich nicht mit ihm im Kopf geschrieben wurde.

    Die zeitlosen Humor- und Slapstick-Einlagen des Trios verhindern auch, das aus dem Grinch ein ähnlich Zeitgeist-gebundener Hipster-Emo wie der „Oncler“ in „Der Lorax“ wird. Keine Bieber-Frisuren, flotten Gitarrenriffe und kreischenden Fans, sondern elektronische Frühstücksmaschinen und übergroße Katapulte, die nie das durch die Luft schleudern was sie eigentlich sollten.

    Cindy Lou, das kleine Mädchen, das den Grinch inmitten seines Raubzugs überrascht, darf sich in dieser Filmversion um das Wohlergehen ihrer alleinerziehenden Mutter sorgen. Statt Kritik am Weihnachtskonsum also ein Wink mit dem Zaunpfahl wie schwer es vielen Versorgern heutzutage geht, wenn sie sich um Kinder kümmern müssen und arbeiten. Das traurige Lied vieler Mütter weltweit.

    „Der Grinch“ ist eine weitere Dr. Seuss Adaption mit viel Fluff und dem neumodischen schrillen Popkulturhumor, der die letzten 20 Jahre in Kinderfilmen Einzug gefunden hat. Wie seine Vorgänger blödelt er vorwiegend herum und erdrückt mit der Breite seiner dazu gedichteten Handlung den schwarzhumorigen Grundtenor, den Suess in all seine Bücher eingepflanzt hat. So kurzweilig die Unterhaltung daher auch ist, so schnell ist sie auch wieder vergessen.
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    (Susanne Gottlieb)
    24.11.2018
    23:03 Uhr
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