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    Hexe oder doch Vampir? Egal, Hauptsache sexy!

    Eldritch Advice
    Der im Jahr 2006 verstorbene Renato Polselli war weder ein sonderlich bekannter noch ein ausgesprochen talentierter Regisseur. Wie viele andere italienische Filmemacher dieser Zeit versuchte er sich an diversen Genres. Seine Werke konnten sich aber nie mit jenen von Mario Bava oder Lucio Fulci messen. Hört man heute von Polselli, so spricht man meist von seiner Exploitationphase in den 70er Jahren. 1973 drehte er mit „Riti, magie nere e segrete orge nel trecento“ sein wohl bekanntestes Werk. Insofern man hierbei überhaupt von bekannt sprechen kann. In einer Zeit, in der deutsche Titel die fantastischsten Namen erhielten, blieb eine deutsche Übersetzung für Polsellis Referenzwerk aus. Zwar existieren insbesondere in der Schweiz und Großbritannien empfehlenswerte DVD-Ausgaben dieses Films, aber auch in diesen muss man sich abseits des italienischen Originaltons mit Untertiteln begnügen.

    Ein kleines Dorf in Italien wird im 14. Jahrhundert von unerklärlichen Ereignissen geplagt. Die Schuldige dafür ist schnell gefunden, es ist die bezaubernde Isabelle. Unschlüssig ob sie nun eine Hexe oder Vampirin sei, verbrannte man sie nicht bloß auf dem Scheiterhaufen, sondern trieb ihr zusätzlich auch noch einen Pfahl ins Herz, woraufhin Isabelle in eine Starre fiel. Wohl aber nicht ohne noch zuvor einen letzten Zauber auf das Dorf zu sprechen, denn hunderte von Jahren später werden die selben Personen die an dieser Hinrichtung teilnahmen wiedergeboren und finden sich allesamt zur selben Zeit im selben Dorf zusammen. All dies während Okkultisten versuchen Isabelle zurück zu holen und dazu fehlt ihnen nur eines: ausreichend Jungfrauen.

    Ich muss sagen … dieser Film verfügt durchaus über einen gewissen Charme.

    „Riti, magie nere e segrete orge nel trecento“ ist ein softer Schmuddelfilm mit Horrorelementen und klingt auch danach. Der Soundtrack ist zwar durchaus eingängig, hat aber überdies jenen verruchten Klang, der einem dazu verleitet die Lautstärke eine Spur leiser zu drehen. Dieser Film zelebriert den erotischen Stil der 70er Jahre, und tut das auf eine sehr charmante Art und Weise, lässt darunter den Horroraspekt aber etwas leiden. Dies zeigt sich vor allem in den Effekten. Bis auf wenige Szenen, von der nur jene erwähnenswert ist in der man den sich in Starre befindenden Leib von Isabelle mit einem Loch in der Brust vorfindet, zeigt sich Polselli in Sachen Gore sehr sparsam. Dafür nahm er sich bei den Lichteffekten Mario Bava zum Vorbild. Allerdings ohne dabei das düstere Ambiente der Schauerliteratur des 19th Jahrhunderts auf jene qualitativ hochwertige Art und Weise zu rekonstruieren wie Bava dies vermochte.

    Was soll man über den Cast eines italienischen Exploitation-Films der 70er Jahre groß sagen? Ja, die Besetzung umfasst primär schöne junge Frauen und Männer mit prächtigen Schnurrbärten. Charaktere mit Tiefe und ordentlich geschriebene Dialoge sollte man sich nicht erwarten wenn man diesen Film genießen möchte. Erzählerisch sticht dabei der Mythos um die vampirische Hexe Isabelle hervor sowie der Story-Faden um die Wiedergeburt der in ihrer Hinrichtung involvierten Charaktere. Dies lässt den Film interessanter wirken als er eigentlich ist, denn die Motive der handelnden Personen sind oftmals nicht nachvollziehbar. Eine Einladung zum Rätseln ist das aber leider nicht, sondern ein Resultat des schwachen Drehbuches, das viel zu sehr darauf aufgebaut ist die Zuseher mit einem Augenschmaus an nackten Tatsachen abzulenken.

    Ist dieser Film eines freitäglichen Filmabends würdig?

    Es hat gute Gründe warum „Riti, magie nere e segrete orge nel trecento“ seinerzeit kein internationaler Erfolg oder Geheimtipp für Exploitationfans wurde. Ein schwaches Drehbuch, keine bahnbrechenden Effekte, und selbst die Erotik- und Horrorelemente waren, verglichen mit anderen zeitgenössischen Werke, wenig ansprechend oder gar schockierend. Erschwerend dazu ergibt der Mix aus diesen beiden Genres kein großes Ganzes, sondern Erotik und Horror laufen vielmehr parallel nebeneinander her. Dies erweckt den Anschein als würde man zwei verschiedene Filme gleichzeitig sehen.

    Das alles macht aus Polsellis angeblichen besten Werk einen höchst durchschnittlichen Genrebeitrag. Ja, er ist durchaus unterhaltsam, aber bietet nicht genügend Inhalt um über seine Laufzeit von 90 Minuten durchgehend überzeugen zu können. Es hätte dem Film nicht geschadet wenn man rund 10 bis 20 Minuten an für den Plot nicht relevantes Material entfernt hätte. Selbst dann aber wäre kein zufriedenstellender Film dabei heraus gekommen. Exploitationfans, die es besonders auf Filme aus dieser Zeit abgesehen haben, werden hier ein kurzweiliges Vergnügen finden. Obwohl mich dieser Film stellenweise unterhalten konnte, ist er für mich jedoch nicht eines freitäglichen Filmabends würdig.

    Habt ihr Interesse an Horror und Trashfilmen sowie anderer cineastischer Kleinodien, empfehle ich euch meinen englischsprachigen YouTube Channel zu besuchen. Dort bespreche ich mindestens einmal wöchentlich ein Filmjuwel aus meiner Sammlung:
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    (Thorsten Schimpl)
    27.10.2017
    22:12 Uhr