Filmkritik zu Krull

Bilder: Columbia Pictures Fotos: Columbia Pictures
  • Bewertung

    Fantastische Sets und eindimensionale Charaktere – Wie „Krull“ das Scheitern zur Kunst erhob

    Eldritch Advice
    Wir schreiben das Jahr 1980, Star Wars feierte mit seiner Fortsetzung „Das Imperium schlägt zurück“ einen weiteren Erfolg an den Kinokassen und weckte damit Begehrlichkeiten bei der Konkurrenz. Columbia Pictures stand der Sinn nach einer eigenen Science Fantasy Saga und beauftragte den Produzenten Ron Silverman damit einen Film zu kreieren dem es gelingt das Publikum weltweit ins Staunen zu versetzen und dabei ähnliche Gewinne wie das große Vorbild einzuspielen. Dafür hat das Produktionsstudio keine Kosten gescheut. Drei Jahre und geschätzte 27 bis 47 Millionen Dollar später war dieses als „Krull“ betitelte Projekt fertig gestellt. Die Kosten für das Marketing sind nicht bekannt, dürften aber nicht allzu gering ausgefallen sein, schließlich wurde der Film überschwänglich in zahlreichen Medien als „Robin Hood“ oder „König Arthus“ im Weltall angepriesen. Darüber hinaus erschien bei Marvel Comics eine zweiteilige Comicserie, um „Krull“ auch bei seiner Hauptzielgruppe zu bewerben. Im Juli 1983 war es dann soweit, die US-Kinos öffneten ihre Pforten in Erwartung eines riesigen Besucheransturms … doch dieser blieb aus und aus dem erhofften Goldesel wurde ein gigantisches Verlustgeschäft.

    Fernab unseres Universums liegt der Planet Krull. Das nächste Ziel im Eroberungsfeldzug des grausamen sowie mächtigen Unbeschreiblichen Ungeheuers. Von seiner Schwarzen Festung aus, die ihm als Raumschiff sowie Machtzentrum dient, entsendet es seine Armee, die Slayers, um auch diese Welt zu unterjochen. Seiner Macht haben die Bewohner von Krull kaum etwas entgegenzusetzen. In einem letzten verzweifelten Akt beschließen zwei ehemals verfeindete Königreiche eine Allianz gegen die Invasoren zu schließen. Dieser Verteidigungsbund soll durch die Heirat von Prinz Colwyn und Prinzessin Lyssa besiegelt werden. Doch noch ehe das Ritual vollzogen werden kann starten die Slayers einen Überraschungsangriff und entführen die Braut in die Schwarze Festung. Ungeachtet der hohen Verluste gibt sich Colwyn nicht geschlagen und beschließt auszuziehen um Lyssa aus den Klauen des Unbeschreiblichen Ungeheuers zu befreien.

    Ich muss sagen … in diesem Film steckt so viel vergeudetes Potential.

    „Krull“ sieht nicht nur fabelhaft aus, sondern lässt in Sachen Setdesign viele aktuelle Produktionen vor Neid erblassen. In einer Zeit in der fantastische Welten zumeist erst in der Nachbearbeitung erschaffen werden ist es kaum noch Vorstellbar, dass für dieses Science Fantasy Epos in den legendären Londoner Pinewood Studios 23 Sets in zehn Hallen gebaut wurden. Die Darsteller mussten daher nicht vor einem befremdlichen Green-Screen mit imaginären Wesen agieren, sondern konnten in handgefertigten Höhlen, Festungen oder Sümpfen ihr schauspielerisches Können unter Beweis stellen. Für den Sumpf alleine wurden 2000 Tonnen Kork geschreddert und davon jedes Stück einzeln bemalt. Der Lohn für diese Mühen war eine täuschend echt aussehende Fantasywelt. Leider hat man vergessen diese mit Leben zu füllen und einer greifbaren Geschichte auszustatten. Der Planet erweckt zu keinem Zeitpunkt den Anschein als wäre er von Lebewesen bevölkert, die nicht für den Plot relevant sind, während die Geschichte selbst primär von „Plot-Devices“ vorangetrieben wird. Dadurch ist dieser Films zwar eine durchaus optisch hinreißende, aber bedauerlicherweise ebenso seichte Angelegenheit. Begleitet wird das Ganze von einem Score der eher nach einem weihnachtlichen Märchen, denn einem phasenweise düsteren Science Fantasy Werk klingt. James Horner verfasste zu Lebzeiten zahlreiche Soundtracks, die zu meinen absoluten Favoriten zählen - jener von „Krull“ gehört aber zu meinem Bedauern nicht dazu.

    Junge Schauspieler erhoffen sich von Filmen wie diesen entweder den großen Durchbruch oder eine langfristige, gut dotierte Karriere als Charakter in einem Franchise. Eine Hoffnung die auch die beiden Protagonisten Ken Marshall und Lysette Anthony hegten. Durch ihr Charisma gelang es ihnen zwar die Rollen von Prinz Colwyn und Prinzessin Lyssa sympathisch zu gestalten, aber es fehlte ihnen am gewissen Etwas um ihren Charakteren etwas Ikonisches zu verleihen. Damit starb dann auch die Hoffnung auf den großen Durchbruch. Dieser glückte allerdings einigen Nebendarstellern, so etwa Liam Neeson und Robbie Coltrane. Die späteren Filmstars schafften es ihre kleinen Rollen mit Leben zu füllen und somit positiv aufzufallen. Auf eine ganz andere Art und Weise fiel mir leider der „Comic Relief“ Charakter „Ergo der Prächtige“ auf. Der von David Battley dargestellte „Selbstverzauberer“ trägt zwar nichts zum Plot bei, hatte aber sicherlich einen gewissen Anteil am Misserfolg dieses Films. Zusammengefasst ist der Cast eine Mischung aus Höhen und Tiefen.

    Ist dieser Film eines freitäglichen Filmabends würdig?

    So faszinierend und doch so unglaubwürdig - nie zuvor hat mich eine fiktive Welt innerlich so gespalten. Ich liebe das meisterlich gestaltete Set- sowie Charakterdesign. Insbesondere jenes der Slayers. Bis zum heutigen Tag gehören diese Kreaturen zum Besten was das Science Fantasy Genre jemals hervorgebracht hat. Sie sind bedrohlich, unnachgiebig und verfügen über eine gigereske Ästhetik - eine Mischung aus „Stormtrooper“ und „Xenomorph“. Verglichen dazu wirken Prinz Colwyn und seine Gefolgsmänner blass und schwächlich. Darum ist es auch unglaubwürdig wenn sie den Slayers im Kampf erhebliche Verluste zufügen, insbesondere wenn man sich den Beginn des Films in Erinnerung ruft. Dort wird die Elitegarde beider Königshäuser von den Slayers regelrecht abgeschlachtet. Weiters missfällt mir, dass jeder tödlich getroffene Begleiter seinen Tod mit einer vorbildhaften Gelassenheit hinnimmt. Durch die Überstrapazierung dieses Tropus raubt man ihrer heldenhaften Aufopferung jedwede Wirkung. Im Gegensatz dazu gibt es allerdings auch Momente, in denen Pathos richtig in den Film implementiert wurde. So etwa die tragische Geschichte zwischen Ynyr und der „Witwe im Netz“ sowie der heroische Akt des Zyklopen Rell, der es schafft sich seinem Schicksal zu widersetzen.

    Trotz all dieser Kritik handelt es sich hierbei immer noch um einen Film der es verdient gesehen zu werden, insbesondere für sein wunderschönes Set- und Charakterdesign. Zudem passiert es in Hollywood nicht allzu oft, dass ein Film dieser Art, der nicht auf einem bereits etablierten Franchise basiert, so verschwenderisch in Szene gesetzt wird. Ferner hat dieses Werk eine gewisse Magie inne. Diese macht aus einem Film mit einer Spieldauer von 119 Minuten eine sehr kurzweilige Angelegenheit. Es ist schade, aber auch klar ersichtlich, dass und warum „Krull“ an den Kinokassen floppte. Trotz all des vergeudeten Potentials erachte ich diesen Science Fantasy Beitrag eines freitäglichen Filmabends würdig!

    Habt ihr Interesse an Horror und Trashfilmen sowie anderer cineastischer Kleinodien, empfehle ich euch meinen englischsprachigen YouTube Channel zu besuchen. Dort bespreche ich mindestens einmal wöchentlich ein Filmjuwel aus meiner Sammlung:
    https://goo.gl/oYL4qZ
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    (Thorsten Schimpl)
    01.12.2017
    21:13 Uhr