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  • Bewertung

    Cairo-Noir

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    Am 25. Jänner 2011, begannen die Demonstration, die am 11. Februar zum Rücktritt des amtierenden ägyptischen Präsidenten Mubarak führten. Hier ihm Anbruch dieses Umbruches, spielt sich die Handlung von „The Nile Hilton Incident“ ab. Fares Fares spielt Noredin, einen korrupten Major der Polizei in Kairo. Alleine fristet er sein Dasein. Er kümmert sich immer wieder um seinen Vater. Er sammelt Schutzgeld ein und will das sein Fernseher endlich repariert wird. Als im noblen Nile Hilton Hotel die Leiche einer Sängerin gefunden wird, ist es zuerst keine große Aufregung. Noredins Onkel und Vorgesetzter will es sogar als Selbstmord abhacken. Noredin findet jedoch heraus, dass es hier um Mord geht, der den innersten Kreis des Präsidenten betrifft. Eine Zeugin wird außerdem gesucht, von der Polizei und dem Mörder. Noredin kämpft immer mehr mit sich selbst und gegen das korrupte System, das er selbst aufgebaut hat.

    Tarik Saleh inszeniert gekonnt diesen Neo-noir-Thriller in der Hauptstadt Ägyptens. Ehrlich und rau zeigt er die Lebensrealität der Menschen. Kairo ist hier kein Urlaubsparadis, kein Sonnumstrahltes exotisches Land, sondern eine verdreckte, braune, kalte Stadtszenerie. Gesetz hat hier wenig Bedeutung, die Papiernoten bestimmen wer recht und unrecht hat. Der Mord ändert all dies für Noredin. Nach und nach erkennt er was er alles falsch gemacht hat und für Konsequenzen das Wegschauen hat. Er wehrt sich und kämpft verzweifelt gegen Gegner gegen die man chancenlos ist.

    Bei „The Nile Hilton Incident“ darf man keinen schnellen, actiongeladenen Thriller erwarten. Tarik Saleh hat eine atmosphärisch dichte Genrekost erschaffen. Er orientiert sich an den alten französischen Gangster- und Noir-Filmen wie „Le Samourai“. Kontemplative Szenen, in denen augenscheinlich nicht viel passiert, sich jedoch viel im Gesicht von Fares Fares abspielt, deuten auf die Vorbilder von Tarik Saleh hin. Einige Szenen sind wahnsinnig spannend und intensiv inszeniert, in anderen, findet der Film wunderschöne Möglichkeiten, die Landschaft zu benützen um die Situation der Charaktere zu verdeutlichen.

    Die Kamera ist angenehm ruhig ohne jemals statisch zu sein. Saleh verzichtet auf unübersichtliche Wackelkameraelemente, die Authentizität kommt aus den Bildern und aus den Schauspielern. Wenn das Auto durch die Stadt fährt und die Musik einer toten Sängerin ertönt, schafft es Saleh auf wunderbare Weise die Stadt, unseren Protagonisten und seine Gefühlswelt zu porträtieren und zu verknüpfen. Manch einen könnte der Film etwas langatmig vorkommen, diese Menschen bitte ich, dem Film eine Chance zu geben und sich wirklich auf den Charakter und die Atmosphäre einzulassen.

    Schauspielerisch trägt Fares Fares diesen Film quasi alleine und schafft dies mit Bravour und einer faszinierenden Echtheit. Wenn mit laufender Entwicklung auch seine Frustration mit sich, der Welt und dem System steigt, sind wir ebenso frustriert. Wir erkennen mit ihm, klar und deutlich, welche Leute, welche Geisteshaltung, die Demonstrationen unausweichlich gemacht haben.

    „The Nile Hilton Incident“ ist eine faszinierende Charakter- und Systemstudie, die gekonnt das Noir-Genre in die Gassen von Kairo versetzt. Ein Film der noch eine Zeit im Kopf des Zuschauers nachhallen wird.
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    (Daniel Prem)
    27.10.2017
    21:02 Uhr