Filmkritik zu Licht

Bilder: Filmladen, Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion Fotos: Filmladen, Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion
  • Bewertung

    Über Schmerzen und Leidenschaften

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    Wellen unter einem graublauen Dunstschleier eröffnen den Film, am Anfang kaum als solche zu erkennen, nach der Zeit immer klarer. Klavierspiel ertönt und man sieht eine blinde Frau, gepudert und mit Perücke, wie sie sich, nach und nach, ihrem Klavierspiel hingibt. Die Frau ist Maria Theresia von Paradis, gespielt von Maria Dragus, sie ist seit dem dritten Lebensjahr erblindet und eine virtuose Klavierspielerin. Der Wunderheiler Franz Anton Mesmer nimmt sich ihrer an und behandelt sie mit seiner Theorie des magnetischen Fluidums, eine unsichtbare Flüssigkeit, die alles durchdringt. In diesem Abschnitt ihres Lebens begleiten wir die 18-jährige Maria Theresia, kurz Resi.

    Das verfilmen eines Lebens ist immer eine besonders knifflige Angelegenheit. Es gibt meist so unglaublich viel zu berichten, so viele Abschnitte und Momente die wichtig erscheinen. Außerdem fügt sich das Leben selten einer funktionierenden, filmisch umsetzbaren, Dramaturgie. Barbara Albert hat gut daran getan nur diesen einen, ohne Frage sehr essentiellen, Lebensabschnitt ihrer Protagonistin, zu wählen und nicht noch weiter auszuschweifen. Dennoch hat „Licht“ für mich ein grundlegendes Problem: es sind eigentlich drei Filme. Albert hat drei verschiedene Aspekte und Beleuchtungen in einen Film verpackt, es aber nicht geschafft, diese verschiedenen Thematiken homogen zu vermischen. So haben wir einmal den Umgang des damaligen Adels mit Krüppeln und Behinderten, wir sehen wie Resi zu einem Ausstellungsstück wird aufgrund ihres Leidens. Dann haben wir Resis Heilung und die damit einhergehende Problematik, dass mit ihrer erfolgreichen Heilung, ihr virtuoses Klavierspiel nachlässt. Drittens haben wir die Beziehung zwischen Resi und ihrer Zofe Agnes, die zwei Welten kollidieren lässt und dadurch eine Freundschaft entsteht. Nun ist es so, dass jeder dieser drei Stränge, gekonnt umgesetzt wurde und viele spannende und faszinierende Situationen entstehen lässt. Dadurch jedoch, dass Albert sich für keinen Handlungsstrang so wirklich entscheiden kann, schwächeln alle drei merkbar. Albert gibt sich zwar jede ersichtliche Mühe, die drei Stränge zu verwickeln und zu verweben, aber so richtig gelingen mag ihr das nicht. Am Ende scheitert sie daran, den Plot vorantreiben zu müssen und viel Zeit mit uninteressanten Szenen und Leuten verbringt, anstelle mit der Gefühlswelt ihrer Protagonistin. Denn gerade die Szenen in denen nicht viel passiert, passiert am meisten. Resi die mit ihrem Arzt Klavier spielt und endlich so spielen kann wie sie will und dabei nicht getadelt wird sondern sogar unterstützt wird, definiert virtuos wer sie ist und was sie eigentlich für Gesellschaft bräuchte.

    „Licht“ ist ein authentisch und stimmungsvoll in Szene gesetztes Periodendrama, das mit wunderschönen Kulissen, Kostümen und Make-Up überzeugt. Auch in der Sprache und den Umgangsformen bleibt Albert im Geiste der Zeit, was hin und wieder auch recht anstrengend sein kann. Es mag durchaus sein, dass man damals im Adel sehr gekünstelt und übertrieben geredet hat, heutzutage wirkt es dann leider manchmal eher wie schlechtes Schauspiel.

    Am Ende hätte ich mir sehr gewünscht, das Albert sich mehr auf einen Aspekt ihrer Geschichte fokussiert hätte. Auch fand ich es schade, dass sich der Film nicht getraut hat mehr mit seinen, eher experimentellen, Szenen zu arbeiten. Wenn man die Musik von Resi hört und dabei in verschwommenen Bildern sieht, wie sie vielleicht momentan die Welt wahrnimmt, ist man gefesselt und gebannt. Der Cast ist überzeugend und Albert präsentiert einen sehenswerten Film, der jedoch merkbar mehr Potential gehabt hätte.
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    (Daniel Prem)
    21.10.2017
    12:31 Uhr