Filmkritik zu Wind River

Bilder: Thim Filmverleih, Wild Bunch Fotos: Thim Filmverleih, Wild Bunch
  • Bewertung

    Ausgleichende Gerechtigkeit in Utah

    Exklusiv für Uncut
    Eine junge Frau läuft barfuß durch eine tief verschneite Wildnis, Verfolger sind nicht zu sehen, aber die Panik in ihrem Gesicht ist echt. Sie kommt nicht mehr weit.

    Gefunden wird die Leiche von Cory Lambert, hauptberuflicher Jäger in dem abgelegenen Indianerreservat „Wind River“. Der Tod der offensichtlich vor ihren Vergewaltigern geflohenen jungen Frau reisst alte Wunden in ihm auf: seine eigene Tochter ist vor drei Jahre unter ähnlichen Umständen gestorben, ein Täter konnte nie gefunden werden.

    Und so muss der wortkarge Naturprofi nicht lange gebeten werden, um der heillos überforderten FBI Agentin Jane Banner bei den Nachforschungen im ungewohnten Terrain zu helfen. Dabei dürfte die sonst in Florida stationierte Beamtin gar nicht ermitteln, da es nicht als Mord gilt, wenn man auf der Flucht vor seinen Peinigern erfriert. Konfrontiert mit dem Leid der indianischen Eltern und der Hilflosigkeit der himmelschreiend unterbesetzten Lokalpolizei bleibt sie aber entgegen ihren Weisungen. Schritt für Schritt, Dank der Kombination forensischer und indianischer Methoden kommt man dem Kern der Sache näher, bis zum erlösenden Finale.

    „Wind River“ ist ein beeindruckender Schnee-Western um ein – laut Vorspann auf wahren Begebenheiten beruhendes - Verbrechen, perfekt mit den Mitteln des amerikanischen Kinos umgesetzt. Einfach und stilsicher, ohne jeden Firlefanz verfolgt Taylor Sheridan die Figuren bei ihrem Tun. Selbst wenn die Handlung in tarantinohafte Gewaltexzesse gipfelt wirkt der Film nie sensationslüstern. Das zuvor aufgebaute Charisma der Geschichte – die menschenleere Gegend, die kargen, klaren Figuren – ist stärker als jedes Klischee und trägt die Handlung locker durch derlei Kulminationspunkte. Da sind auch die Kalenderweisheiten, die dem Jäger Cory ein-zweimal entfleuchen locker auszuhalten.

    Ein wichtiger Beitrag zur Stimmung des Filmes ist die Musik von Nick Cave und Warren Ellis. Sphärische Klänge, vom sonst bei derlei Genrefilmen üblichen Vertonungen gerade so weit abweichend, dass die Klischefalle vermieden wird. Sicher nix was sich Cave Fans beim nächsten Date auflegen werden, aber für diesen Film gerade richtig.
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    (Michael Gegenhuber)
    30.01.2018
    22:21 Uhr