Filmkritik zu Barbara

Bilder: Filmverleih Fotos: Filmverleih
  • Bewertung

    Der Ton macht die Musik

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    In Frankreich, Belgien oder auch der kanadischen Provinz Québec ist die französische Sängerin Barbara eine Legende. Die älteren Menschen verbinden ihre Jugend mit ihren Chansons, welche sie von Generation zu Generation weiterreichen und Barbara somit zu einem wichtigen Teil der französischsprachigen Kultur erheben. Jung und Alt kennen sie, die meisten davon lieben sie sogar. So auch Schauspieler und Regisseur Mathieu Amalric, der mit seiner sechsten Regiearbeit, einer charmanten Verfilmung über „Barbara“, seine Fan-Liebe mit der Welt teilen kann.

    Anders als in den meisten Filmbiographien, nähert sich Amalric in der Darstellung des Megastars nur indirekt mit einem selbstreflektiven Film. Er dreht also einen Film über einen Filmemacher, den er übrigens selbst verkörpert, der einen Film über Barbara dreht. Es geht Amalric dabei nicht um ihre Verdienste und Preise oder wie sie sich für die Gesellschaft eingesetzt hat. Er studierte in den Vorbereitungen natürlich auch ihr Lebenswerk in allen Bereichen, allerdings wirklich interessiert ist er an ihrem Wesen, ihrer charismatischen Persönlichkeit. Sie war eine Diva wie sie im Buche steht und so kreiert der Regisseur ein Portrait dieser Frau anhand von Anekdoten aus dem Alltag, verpackt in jeder Menge Musik, die im lasziven Licht in Szene gesetzt werden.

    Bridget (Jeanne Balibar) besitzt die perfekten Voraussetzungen um als Barbara auf der großen Leinwand zu erstrahlen. Sie ist selbst Sängerin, Schauspielerin und auch vom Optischen her sehen sie und Barbara sich zum Verwechseln ähnlich. Eine extrem schlanke, große Frau mit knochigen, langen Händen und markanten Gesichtszügen, die aber stets sinnlich und elegant ist und mit ihren eigenwilligen aber sehr stylischen Outfits immer alle Blicke auf sich zieht. Ihre Präsenz ist so stark und erfüllt ganze Räume, selbst wenn sie alleine in diesen ist. Der Filmregisseur Yves (Mathieu Amalric) erkennt ihr Potential und besetzt sie für die Rolle der Barbara. Da die Ikone allerdings von jedem Menschen anders wahrgenommen wird, gibt es Reibereien am Set was die Darstellung jener angeht.

    Diese Ähnlichkeit von Bridget und Barbara sieht nicht nur Regisseur Yves im Film. Auch Amalric erkennt diese zwischen seiner Ex-Frau Jeanne Balibar, die die Rolle der Brigdet und somit auch die Rolle der Barbara spielt. Die Grenzen sind allerdings so fließend, dass man manchmal gar nicht weiß mit wem man es hier zu tun hat. Ist es Bridget, Barbara oder läuft doch gerade Balibar grazil über die Bildfläche? Verstärkt wird dieser Eindruck zudem durch den ständigen Wechsel aus Archivmaterial, Filmszenen des Films im Film und Aufnahmen der von Almaric geschaffenen Diegese. Ein Verwirrspiel, welches die drei Frauen miteinander verschmelzen lassen. Doch störend ist das ganz und gar nicht, denn die Stärken des Films sind seine Inszenierungsweise und die Verknüpfung der Bilder mit dem Auditiven.

    Ein sehenswerter Film, dessen Handlungsverlauf nicht an erster Stelle steht, sondern dessen Emotionen durch seine Musik und Lieder transportiert werden. Perfekt zum Zurücklegen und Genießen.
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    (Susan Häußermann)
    07.11.2017
    13:52 Uhr