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  • Bewertung

    Quirliges Plädoyer für ein Existenzminimum

    Exklusiv für Uncut von der Diagonale
    Wie würde eine Gesellschaft mit einem bedingungslosen Grundeinkommen umgehen? Welche Effekte hätte es für die Arbeitsmoral der Menschen? Dieser und ähnlichen Fragen gehen der Regisseur Christian Tod und sein Team in ihrem Film „Free Lunch Society“ nach. Das Setup ist weniger streng dokumentarisch angelegt, sondern als spielerisches Argument, unterlegt mit Fakten und Meinungen.

    Eröffnet wird der Film mit dem ikonischen Star-Trek-Kapitän Jean-Luc Picard, der über die Trekkie-Gesellschaft im 24. Jahrhundert redet. Star-Trek-Fans sollte deren Ausgangssituation bekannt sein. Kein Kapitalismus, nur das Allgemeinwohl der Welten liegt der Gesellschaft am Herzen. Ausgehend von Picards Erzählungen übernimmt eine weibliche Stimme „aus dem 24. Jahrhundert“ die Narration des Films. Sie gibt sich als Mitglied dieser „futuristischen utopischen Gesellschaft“ aus, in der es keinen Besitz mehr gibt, denn Besitz sei Macht. Der Film entwindet sich somit innerhalb der ersten zehn Minuten den wahrheitsgemäßen Anspruch eines Dokumentarfilms, unterlegt aber seinen restlichen Inhalt mit recherchierten Fakten und Expertenmeinungen.

    Tod und sein Team analysieren mehrere Versuche in Ländern rund um den Globus, in denen das Grundeinkommen probeweise eingeführt wurde. Der Zuschauer begibt sich auf Spurensuche in Kanada, der Schweiz, Namibia und überraschenderweise auch den USA. Gerade die Geschichte des Grundeinkommens in Beziehung zu Richard Nixon, Ronald Reagan und dem Geld, das monatlich an die Einwohner Alaskas ausgezahlt wird, gibt dem Zuschauer einige unerwartete Erkenntnisse. Allein aufgrund dieser Sequenz zahlt sich der Besuch des Films aus. Um das sehr ökonomische und an sich trockene Thema aufzulockern, setzt Tod nicht nur auf Picard, immer wieder werden im comicartigen Stil mit Pop-Kultur die Szenen aufgelockert und Ideen aufgegriffen.

    Im Kern ist der Film eine Ethik-Debatte. Kann man dem Menschen und Konsumenten vertrauen, dass er arbeiten geht, wenn finanziell bereits ausgesorgt ist? Gemäß der brandredenartigen Inszenierung kommen natürlich nur Befürworter zu Wort. Andererseits ist unsere gegenwärtige Gesellschaft so auf die Kontra-Seite fixiert, dass die Argumente, die Ökonomen, Politiker und Forscher präsentieren, der willkommene Input zu einer persönlichen Meinungsbildung sind. Insgesamt ein empfehlenswerter Film zu einem Thema, mit dem sich viele wohl privat noch nicht allzu intensiv auseinandergesetzt haben.
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    (Susanne Gottlieb)
    04.05.2017
    12:20 Uhr
    Meine Top-Filme:

Free Lunch Society

Österreich 2017
Regie: Christian Tod
AT-Start: 05.05.2017