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  • Bewertung

    „Was macht man so – als Ausländer?“

    Exklusiv für Uncut von der Diagonale
    Die Wiener Bobos Benny und Marko stecken beide in einer beruflichen Krise fest. Marko ist Chef einer erfolglosen Werbeagentur und Benny will ebenso mühsam endlich als Schauspieler durchstarten. Abgesehen vom fehlenden Erfolg verbindet die zwei aber noch etwas: Migrationshintergrund. Da die beiden aber komplett in die Gesellschaft integriert sind, werden sie von Österreichern kaum mehr als sogenannte „Ausländer“ wahrgenommen. Einzig und allein Bennys dunkles Haar deutet auf eine andere Ethnizität hin. Als die beiden eines Tages auf einer Bank am Rudolfsgrund sitzen, der für eine hohe Kriminalitäts- und Ausländerrate berüchtigt ist, werden sie von der TV-Redakteurin Marlene Weizenhuber wegen ihrem Aussehen fälschlicherweise für arbeitslose Migranten gehalten. Die Redakteurin sucht nach Protagonisten für eine Doku-Serie, die das vermeintlich wahre Leben von Ausländern am Rudolfsgrund zeigen soll. Da Benny dies als Chance sieht seine Schauspielfähigkeiten endlich unter Beweis stellen zu können, tut er so als wäre er ein kleinkrimineller Ausländer und auch Marko spielt sogleich mit. Mit ihren neuen Namen Omar und Tito befragen sie ein paar andere Wiener mit Migrationshintergrund, was man denn eigentlich so als echter Ausländer macht. Als durch die Dokuserie jedoch sämtliche ausländische Anrainer in ein falsches Licht gerückt werden, müssen Benny und Marko mit viel Ärger rechnen.

    Der österreichische Filmemacher Arman T. Riahi, der zusammen mit seinem Bruder Arash bereits ein paar hochgelobte Dokumentationen („Everyday Rebellion“, „Kinders“) drehte , bringt uns im Juni mit der selbstbetitelten Anti-Integrationskomödie „Die Migrantigen“ sein Spielfilmdebüt in die österreichischen Lichtspielhäuser.

    Das Ganze erinnert dabei stark an beim österreichischen Publikum in den letzten Jahren sehr beliebte Culture-Clash-Komödien (u. a. „Monsieur Claude und seine Töchter“,„Ziemlich beste Freunde“, „Willkommen bei den Hartmanns“...) und weiß vor allem durch den Charme der beiden Protagonisten zu überzeugen. Die Hauptdarsteller Aleksandar Petrovic und Faris Rahoma sind ohne Zweifel die großen Entdeckungen des Films. Rahoma gelang es problemlos sowohl den naiven als auch pseudointellektuellen Charakter des Benny darzustellen. Ihm gegenübergestellt gelang es Petrovic einerseits die lockere und coole Ader von Marko, jedoch andererseits auch dessen Verzweiflung, als dessen finanzielle Lage immer knapper wird, gekonnt rüberzubringen. In Nebenrollen sind unter anderem Doris Schretzmeyer, Daniela Zacherl und Margarethe Tiesel zu sehen, die allesamt einen soliden Job machen. Besonders hervorzuheben wäre jedoch noch Magdalena Hirschal, die Klara, eine Freundin von Benny und Marko mimt, und in einer Szene des Films, als sie unter dem Namen Olga in die TV-Doku mit eingebunden wird, für einige der größten Lacher im Film sorgen kann. In zwei witzigen Gastrollen sind zudem kurz Josef Hader als versnobter Regisseur sowie Komödiant und Moderator Dirk Stermann als Chef einer Werbeagentur zu sehen.

    Auch wenn die Komödie durch Charme und witzigen Pointen definitiv zu unterhalten weiß, mangelt es ein wenig an Originalität und Cleverness. Durch das Aufkommen der TV-Doku und dem schamlosen Verhalten der Redakteurin gibt es zwar hier und da ein paar medienkritische Züge, jedoch mangelt es an Scharfsinnigkeit, um wirklich als Satire durchzugehen. Auch in puncto Integration hätte der Humor des Films cleverer ausfallen können. Die allgemeine Botschaft des Films zielt darauf ab Klischees zu hinterfragen und sich stets ein eigenes Bild zu machen.

    Zwar versuchte man sämtliche Klischees und Stereotypen auseinanderzunehmen, jedoch beziehen viele der Gags ihren Humor durch ebensolche. Es fehlt dem Ganzen ein wenig an dem sonst so subtilen österreichischen Schmäh, um (zumindest hat es den Eindruck) im deutschsprachigen ein so großes Publikum zu bekommen, wie nur möglich. Es ist natürlich toll, wenn die wichtige Message des Films dadurch ein breiteres Publikum erreichen kann, jedoch hätte es der Qualität des Films sicherlich gut getan, wenn man versucht hätte einem diese nicht zu offensiv ins Gesicht zu klatschen.

    Am Ende des Tages lässt sich somit sagen, dass Arman T. Riahis „Die Migrantigen“ durch den Charme und der Spielfreude der Protagonisten, sowie ein paar kultverdächtigen Szenen definitiv zu unterhalten weiß, jedoch insgesamt zu wenig Eigenständigkeit und Raffinesse besitzt, um sich von Crowdpleaser-Komödien mit ähnlicher Thematik abzuheben.
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    (Christian Pogatetz)
    26.04.2017
    21:07 Uhr