Bilder: Warner Bros, X-Verleih Fotos: Warner Bros, X-Verleih
  • Bewertung

    Von ausgeklügelten Gaunereien und korrupten KZ-Wärtern

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2017
    „Dies ist eine wahre Geschichte. Und was nicht ganz wahr ist, stimmt trotzdem.“ Mit dieser Texteinblendung wird Sam Garbinskis fiktive Zweiter-Weltkriegs-Tragikomödie „Es war einmal in Deutschland“, der dem Roman „Die Teilacher“ von Michael Bergmann zugrunde liegt, eingeleitet. Schon nach wenigen Minuten im Film merkt man, dass die Macher nicht die Intention hatten, ein klassisches Zweiter-Weltkriegs-Drama zu drehen und eher darauf bedacht waren sich am Charme eines manchen Heist-Movies oder Quentin Tarantinos WW2-Rachefantasie „Inglourious Basterds“ zu orientieren. Im Gegensatz zu Letzerem wirkt Garbinskis Werk doch recht unausgewogen erzählt.

    Die Dramödie spielt im Jahre 1946, knapp nach Ende des Zweiten Weltkriegs, und handelt von David Barmann (Moritz Bleibtreu), einem ehemaligen KZ-Häftling, der mit sechs ebenfalls einst von den Deutschen inhaftierten Freunden in die USA ausreisen möchte. Um sich die Ausreise zu finanzieren, startem die sieben Freunde einen Wäscheverkauf. Da sie aber so schnell, wie möglich, raus aus Deutschland möchten, gehen sie von Tür zu Tür, um mit ausgeklügelten Tricks sämtlichen Leuten weiszumachen, sie müssten ausgerechnet ihre Wäsche kaufen. Alles scheint nach Plan zu verlaufen, bis David auf einmal mitbekommt, dass gegen ihn ermittelt wird. Der US-Offizierin Sara Simon (Antje Traue) scheint es nämlich sehr suspekt, dass David angeblich von den SS-Offizieren privilegiert wurde und fragt ihn somit nach seiner Vergangenheit im Konzentrationslager aus.

    Wie bereits erwähnt versucht der Film zumindest zu Beginn vor allem durch Charme und Coolness zu punkten. Am Anfang weiß die Heist-Movie-artige Herangehensweise durchaus zu unterhalten. Die Momente, in denen David mit seiner Gruppe versucht mit sämtlichen hinterlistigen Tricks die Wäsche zu verkaufen, werden für Freunde von bitterbösen schwarzen Humor ein Genuss sein. Nach geraumer Zeit kann einem die Pseudo-Coolness des Protagonisten jedoch auch ein wenig auf den Nerv gehen. Ab den Szenen, in denen David von der US-Offizierin Sara Simon bezüglich seiner Vergangenheit ausgefragt wird, beginnt der triste Part des Films. David versucht sein heiteres Gemüt auch Sara gegenüber zur Schau zu stellen, jedoch wird er dabei von den Wunden seiner Vergangenheit eingeholt. Die Szenen, in denen die beiden einander gegenüber sitzen und David sich an sein düsteres Lebenskapitel zurückerinnert, gehören zu den besten des Films, da es Garbinski hier gelang das Tragische mit dem Komischen zu verbinden. Die hervorragende Chemie zwischen Moritz Bleibtreu und Antje Traue gibt dieser Tragikomik einen noch authentischeren Touch. Schade nur, dass man anstatt David einfach nur von seinem früheren Leben als Inhaftierter in einem Konzentrationslager erzählen zu lassen, sich dafür entschied, diese in Form von Rückblenden auf die Leinwand zu bannen. Hier zerbricht die Fassade, dass es sich vermeintlich um einen unkonventionellen WW2-Streifen handle und man beginnt sich typischer Klischees des Genres zu unterwerfen. Besonders die fast schon karikaturartige Darstellung der KZ-Wärter verleiht den eigentlich tragischsten Momenten des Films, eine fast schon unfreiwillige Komik. Ab diesem Punkt weiß der Film sowohl tonal als auch stilistisch, nicht mehr so ganz in welche Richtung er eigentlich gehen will. In weiten Teilen scheint der Film sich nur noch auf die tragischen Rückblenden zu konzentrieren, dann probiert man ab einem gewissen Punkt wieder den Heist-Movie-artigen Charme mit einzubringen. Besonders als dann auch noch gegen Ende des Films versucht wird, die vierte Wand zu durchbrechen, ohne dass dieses Element stringent durchgezogen wurde, merkt man wie das Ganze leider stilistisch überfrachtet wurde.

    Immerhin visuell kann man den Film wenig vorwerfen, denn sowohl das gesamte Szenenbild des Films als auch die Farbgebung der Kinematographie, fangen die jeweiligen Stimmungen der Dramödie gekonnt ein. Hätte man hier den Hauptfokus auf die tragikomischen Szenen gelegt, hätte Sam Garbinskis „Es war einmal in Deutschland“ ein wirklich starker Film werden können. Durch stilistische Verwirrungen, die nirgendwo hinführen, zerbricht jedoch der Deckmantel der vermeintlich untypischen Herangehensweise an das Zweiter-Weltkriegs-Thema und trotz handwerklicher Raffinesse bleiben einem schlussendlich nur wenige Szenen des Films im Kopf hängen.
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    (Christian Pogatetz)
    15.03.2017
    22:54 Uhr