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    Kämpfen oder Kapitulieren?

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2017
    Am 9. 4. 1940 begann die deutsche Wehrmacht, ohne jegliche Kriegserklärung, das norwegische Volk anzugreifen. Um dem Terror der Nazis zu entkommen, floh König Haakon VII. (Jesper Christensen) kurzerhand in die norwegische Stadt Hamar. Durch den sich anbahnenden Konflikt zwischen Deutschland und Norwegen wurde er somit vor die schwere Entscheidung gestellt: Kämpfen oder Kapitulieren?

    Im Drama „The King's Choice“, der auf der diesjährigen Berlinale im Rahmen der Schiene „Panorama Special“ uraufgeführt wurde, widmet sich Filmemacher Erik Poppe diesem wirklich geschehenem Konflikt. Herausgekommen ist dabei ein zwar in weiten Teilen spannend in Szene gesetztes Zweiter-Weltkriegs-Drama, das jedoch leider auch mit schwerwiegenden Problemen zu kämpfen hat. Positiv wären auf jeden Fall die zum Großteil überzeugenden darstellerischen Darbietungen hervorzuheben.

    Jesper Christensen bietet in der Hauptrolle des König Haakon VII. den schauspielerischen Höhepunkt des Films und schafft es einerseits seine disziplinäre Ader, die sich weigert sich dem Nazi-Regime zu ergeben, wie auch auf der anderen Seite dessen Furcht vor einem daraus resultierenden Krieg mit dem Deutschen Reich gekonnt auf den Punkt zu bringen. Auch Anders Baasmo Christiansen weiß in der Rolle dessen Sohns Kronprinz Olaf, der die Reaktion seines Vaters auf das dramatische Verhältnis zu Deutschland nicht vollkommen nachvollziehen kann, durchaus zu überzeugen. Ausgerechnet der sonst so talentierte Österreicher Karl Markovics wirkt im Vergleich zur restlichen Besetzung jedoch etwas blass. Bei seiner Darstellung des Curt Bräuer, dem obersten deutschen Diplomaten im damaligen Norwegen, legte Markovics eine in meinen Augen unangebrachte Theatralik an den Tag, die seine Performance in vielen Szenen ins Overacting abdriften ließ. Auf ästhetischer Ebene beeindruckt der Film mit einem detailliert gestalteten Setting und authentisch ausgewählten Kostümen.

    Um der Atmosphäre des Dramas noch mehr Authentizität zu verleihen, entschied man sich den Großteil des Films mit Handheld-Kameras zu drehen. Zwar verschafft das Handkamera-Gimmick ein paar Momenten des Films eine zusätzliche mitreißende Dynamik, wurde aber meiner Meinung nach in einigen Szenen unpassend eingesetzt und ist für eine zeitweise gewöhnungsbedürftige Optik verantwortlich. Dieser Umstand ist besonders schade, da im Kontrast dazu vor allem die Aufnahmen im Schnee durch das aufwändige Produktionsdesign wunderschön aussehen. Das jedoch größte Problem des Films ist die Lauflänge von satten 130 Minuten. Da der gesamte Film sich im Grunde genommen nur mit der Entscheidung des Königs über die Konsequenzen der Besetzung durch die Deutschen beschäftigt, wirkte das Ganze durch das langsame narrative Tempo unnötigerweise in die Länge gestreckt und verliert dadurch der anfänglich gut funktionierenden Suspense.

    Alles in allem lässt sich somit sagen, dass Erik Poppes „The King's Choice“ zwar abgesehen von der stilistischen Entscheidung der Handkamera-Optik handwerklich durchaus gelungen ist und auch schauspielerisch zu überzeugen weiß, jedoch braucht es durch die Lauflänge und langsame Erzählgeschwindigkeit des Films sehr lange, bis der eigentliche Konflikt so richtig in Fahrt kommt.
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    (Christian Pogatetz)
    07.03.2017
    16:25 Uhr