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  • Bewertung

    Ein malerischer Reigen

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2017
    Mit konzentriertem Blick schaut James Lord aus seinem Korbsessel auf die Palette in Alberto Giacomettis Hand. Farbkleckse in Ocker, Grau, Schwarz und Weiß scheinen darauf entgegen, in die der Künstler immer wieder seine Pinsel taucht, um sie anschließend über das weiße Canvas vor ihm tanzen zu lassen. Lords Portrait soll darauf entstehen. Irgendwann einmal zumindest. Denn wie der amerikanische Autor geknickt feststellen muss, greift Giacometti wieder einmal zu seinem dicksten Pinsel, den er in die graue Farbe tunkt. Graue Farbe bedeutet Negativarbeit am Bild, Giacometti ist wieder einmal unzufrieden und fängt von vorne an.

    „Kunst ist ein nie endender Prozess“ stellt Geoffrey Rush, der hier in Topform agiert, in der Rolle des Giacometti fest. Wenn er ein Werk erschafft, zerstört er es immer wieder aufs Neue, rekonstruiert es und zerlegt es anschließend wieder. „Ich muss ihn dazu bringen, das Portrait zu beenden“, erklärt Armie Hammers James Lord Giacomettis Bruder Diego. Die Durchsetzung dieses Vorhabens ist problematisch. Lord ist fasziniert von dem Künstler, lässt seinen Flug immer wieder umbuchen. Mitten im Malprozess haut man schließlich nicht ab. Der Film dreht sich dementsprechend im Kreis, verweilt an den verschiedenen Schauorten wie Giacomettis Atelier, Lords Hotelzimmer und den verschiedenen Winkeln von Paris, bevor er diesen Zyklus wieder aufs Neue beginnt. Nie endend wollend, immer bei Punkt Null.

    Biographien interessieren ihn normalerweise nicht, erklärte Regisseur Stanley Tucci bei der Pressekonferenz bezüglich seiner Motivation, diesen Film zu drehen. Jedoch seien manche Abschnitte im Leben von Menschen besonders interessant. Lords Memoiren über seine Zeit mit Giacometti waren faszinierend genug für den US-Schauspieler und Regisseur, dass er zehn Jahre damit verbrachte, Gelder und Mittel zu sammeln, um diesen Film umzusetzen. Das Ergebnis ist dramaturgisch unterhaltsam, inhaltlich jedoch durchwachsen. Als würde Tucci dem künstlerischen Prozess Giacomettis einen Spiegel vorhalten, entstehen im Austausch zwischen seinen Protagonisten Situationen und Entwicklungen, die kurze Zeit später wieder in ihren Ursprungzustand zurückgeführt werden. Das Gemälde entwickelt sich nicht weiter, sowie die Charaktere keinem klassischen Handlungsbogen folgen.

    Das Portraits Lords, dessen Fertigstellung er durch einen Trick erreicht, wird somit immer ein Kompromiss sein, den die beteiligten Parteien getroffen haben. Ebenso verhält es sich mit dem Film. Ob der Zuschauer etwas daraus mitnimmt sei dahingestellt. Was er bewirkt ist, einen wichtigen Künstler des 20. Jahrhunderts wieder ins Rampenlicht zu rücken und ihn seinen philosophischen Gedanken nachhängen zu lassen. Sei es auch nur deswegen um zu erfahren, warum Picasso kein ernst zu nehmender Künstler sei und seine Kollegen nur kopierte.
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    (Susanne Gottlieb)
    15.02.2017
    01:22 Uhr
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