Filmkritik zu Dark Night

Bilder: Filmverleih Fotos: Filmverleih
  • Bewertung

    Dark Night

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    Der Film behandelt das Massaker in einem Mega-Plex in Aurora, Colorado 2012, ohne dieses zu zeigen. Ohne jegliche Sensationsgeilheit oder Effekthascherei, ist dieser Spielfilm eine intellektuelle Antwort auf das Drama. „Dark Night“ lebt eben gerade von dem Spannungsaufbau, und nicht von der Spannung selbst. Dass diese Ladung spürbar ist, hat man nicht zuletzt am unruhigen Publikum gemerkt. Es scheint die Frage in der Luft zu liegen, was genau die Botschaft dieser Porträts von scheinbar zufälligen Menschen in diesem Vorort sein soll. Tim Sutton gewährt einen intimen Einblick in den Nachmittag von sechs potentiellen Opfern des Shootings.

    Er zeigt ein Mädchen, das den ganzen Tag Posen übt und Selfies macht und immer alleine ist. Einen Jungen, der mit seiner Schlange spielt und mit seiner Mutter auf dem Sofa zu seinem Charakter und Umfeld interviewt wird, als wäre man auf der Suche nach Gründen für sein Verhalten. Man sieht ein Mädchen, das in einem riesigen Kaufhaus für den Mindestlohn arbeitet. Der Kriegsveteran reinigt den ganzen Tag seine Waffen und ein Zurückgewiesener fantasiert davon, seine Flamme zu erschießen. Ein Skater färbt sich seine Haare orange. Doch die Haarfarbe ist nicht das einzige, was einer der dargestellten jungen Menschen mit dem Amokschützen gemeinsam hat. Sie alle teilen Einzelheiten mit dem Schützen. Hier wird das Publikum gefordert. Tim Sutton liefert keine Antworten und es geht nicht darum eine Begründung für die Tragödie zu finden oder den Schuldigen zu suchen. Der Film zeigt, warum Menschen in den USA (und überall?) überhaupt in Kinos gehen. Der Regisseur beschreibt einen tristen Alltag, aus dem die Jugendlichen entfliehen wollen. Er zeigt leere Nachmittag und beinahe zombiehaftes Verhalten.

    Dieser Film unterhält nicht und dennoch ist er sehenswert: Er behandelt ein Thema, das normalerweise nur sensationsgeladen präsentiert wird, unglaublich subtil – und genau das macht ihn so spannend.
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    (Gloria Halder)
    23.10.2016
    22:57 Uhr
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