Filmkritik zu Weekends

Bilder: Filmverleih Fotos: Filmverleih
  • Bewertung

    Musicalspaß und Menschenrechtsverletzung

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2016
    Zehn Jahre lang begleitete der Regisseur Lee Dong-ha, der selbst Teil des Schwulenchors „G-Voice“ war, die Gruppe und sammelte so Material für den Dokumentarfilm. Für die jungen Männer ist es eine Auszeit ihres Arbeitslebens, eine Oase der Gleichgesinnten und des Spaßes. Sie gewinnen dadurch mehr Selbstbewusstsein und so etwas wie eine Familie. Als Zuschauer des Filmes bekommt man einen unterhaltsamen Einblick in die Proben der Wochenendsänger, die noch einiges an Arbeit in ihre Gesangskünste stecken müssen bis zum Konzert. Doch schon bald merkt man, dass sie alle talentierte Performer sind und das Publikum die Engelsstimmen liebt. Choreographien, die reif für Musicals wären, führen sie an verschiedenen öffentlichen Plätzen leidenschaftlich auf.

    Die Bilder des Filmes waren oft sehr chaotisch und verwackelt, aber im großen und ganzen stellt das einen Amateurstil her, der den Film auch persönlicher macht. Man merkt, wie der Filmemacher selbst Teil der Sache ist und durch die Freundschaft bekam er sicher auch leichter das Vertrauen, mit dem die Männer z.B. über ihre Datinggewohnheiten erzählen.

    Nach einer Weile des sympathischen Kennenlernens wechselt der Tonfall, als bei einem Konzert mit homophoben Beschimpfungen und Fäkalien geworfen wird. Das erschüttert wirkungsvoll, nachdem wir die Opfer schon ins Herz geschlossen haben und zeigt wie stark die homophobe Bewegung unter dem Schutzschild des Glaubens und den Hymnen des Staates agiert. Doch G-Voice macht unbeirrt weiter und verbreitet Liebe an Orten der Krise. Für viele ist genau der Vorfall ein Grund, klarer zu erkennen, warum es nötig ist, in einen Chor wie diesem zu singen. Immer wieder gibt es aber auch Zweifel, seine komplette Freizeit für die ehrenamtliche Organisation zu opfern. Ob dadurch auch die Beziehungen, die zwischen den Teilnehmern entstanden sind, leiden können?

    Auch hier, wie beim ebenfalls auf der Berlinale gelaufenen Film „Brüder der Nacht“, gibt es viele Charaktere, doch die Inhalte sind klar gegliedert und ziehen an einem zentralen Strang. Die zentralen Inhalte der vielen Lieder, die sie fast alle selbst entwickelt haben, sind die eigenen Geschichten der Teilnehmer, die an die Oberfläche kommen sollen. Einer sorgt sich um ein Date, der andere spricht über Armut, alle wünschen sich Akzeptanz und grenzenlose Liebe. Diese Energie teilt der Chor dem Publikum mit und öffnet so die Herzen – auch die des Kinopublikums!

    Der Film ist wie ein Coming-Out für die Sänger, die teilweise nicht mal ihren Familien davon erzählt haben und ein Statement, das die koreanische Gesellschaft hoffentlich sang und klangvoll zu sehen bekommen wird! Die Liebe wird den Hass überwinden.
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    (Luzia Johow)
    25.02.2016
    22:51 Uhr

Weekends

Südkorea 2016
Regie: Lee Dong-ha