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  • Bewertung

    Eine nachdenkliche Botschaft

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2016
    Um einen Appell für Frieden und Verständigung zu starten, soll am 100. Jahrestag vom damaligen Attentat auf Kaiser Franz Ferdinand im Hotel Europa in Sarajevo eine Konferenz mit Diplomaten aus aller Welt stattfinden. Als ob Hotelmanager Omer (Izudin Bajrovic) mit diesem Event nicht schon alle Hände voll zu tun hätte, plant sein gesamtes Personal auch noch einen Streik an diesem Tag. Zusätzlich muss eine Fernsehreporterin am eigenen Leib erfahren, welch lange Schatten das Attentat von 1914 wirft.

    Anfangs war es ziemlich schwer in den Film hineinzukommen, man konnte den einzelnen Handlungssträngen nicht ganz folgen und alles wirkte sehr verwirrend. Sollte man sich auf den Hotelmanager und seine Probleme konzentrieren, oder auf die Interviews, die die Fernsehreporterin zum Krieg und seinen Folgen führt. Zu Beginn wirkte es nämlich überhaupt nicht so, als würden diese beiden Geschichten zusammengehören. Doch nach und nach kommt man in den Film hinein und glücklicherweise ergeben die beiden eigenen Storylines gegen Ende hin ein stimmiges Gesamtkunstwerk.

    Die Botschaft, die „Death in Sarajevo“ sendet, ist eine schockierende: Auch, wenn das Attentat, welches den ersten Weltkrieg ausgelöst hatte, schon 100 Jahre her ist, bekriegen sich Bosnier und Serben nach wie vor deswegen. Das wird besonders deutlich in dem Interview der Reporterin Vedrana (Vedrana Seksan) mit Gavrilo (Muhamed Hadzovic), einem Serben, der zufälligerweise den gleichen Namen wie der Attentäter von 1914 trägt. Gavrilo ist überzeugt davon, dass man den Mörder von Kaiser Franz Ferdinand als Nationalhelden verehren soll, während Vedrana ganz anderer Meinung ist. Sie glaubt, dass jener bloß ein romantischer Idealist war, der sich einfach nicht besser zu helfen wusste.

    Regisseur Danis Tanovic schafft es wirklich, dem Kinozuschauer diese Differenzen zwischen den beiden Ländern zu vermitteln. Vor allem aber auch wird deutlich gezeigt, dass der Nationalstolz nach wie vor tief verwurzelt ist. Keiner der beiden Personen ist bereit nachzugeben, sie beharren auf ihren Meinungen und wollen die Gegenseite auch von dieser überzeugen. Ich glaube, dass diese Auseinandersetzung zwischen Vedrana und Gavrilo ziemlich gut die diplomatischen Verhandlungen zwischen Ländern im Allgemeinen beschreibt: Niemand ist wirklich dazu bereit, dem anderen zuzuhören. Wenn man sich schon einmal eine feste Meinung gebildet hat, ist man nur mehr ganz schwer vom Gegenteil zu überzeugen und will allen anderen auch die eigene Meinung aufdrängen.

    Dass das Hotelpersonal genau an dem Jubiläumstag vom Attentat streiken wollte, sendet auch eine mehr als nur klare Botschaft aus: vor 100 Jahren hat eine Revolution die gesamte Weltgeschichte geändert – zwar zum absolut Schlechteren, aber dennoch fand eine Veränderung statt - , warum soll genau heute nicht das gleiche passieren? Warum sollen sich die Arbeitsbedingungen der Angestellten nicht ändern, wenn sie an diesem symbolischen Tag ihre Arbeitskraft verweigern? So verweben sich die impliziten Botschaften der beiden Geschichten miteinander und lassen den Kinozuschauer wirklich nachdenklich zurück.
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    (Sumaiya Akhter)
    17.02.2016
    00:51 Uhr
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