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  • Bewertung

    Als psychologisches Drama nicht ganz gelungen

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2016
    Ein weiteres Mal ist Regisseur Denis Côté mit einem Wettbewerbsfilm bei der Berlinale vertreten (Nach „Vic + Flo haben einen Bären gesehen“ 2013) und beehrt uns auch diesmal mit einem sehr eigenwilligen psychologischen Drama.

    Boris Malinovsky (James Hyndman) hat nach Außen hin sowohl beruflich als auch privat alles erreicht, was ein Mann erreichen kann: Er ist erfolgreich in seinem Job, verdient viel Geld und ist mit einer ebenso erfolgreichen, wie auch wunderschönen Frau verheiratet (Simone-Élise Girard). Doch Boris’ private Welt gerät aus den Fugen als seine Frau Béatrice an Depression und Melancholie erkrankt. Anstatt sich fürsorglich um sie zu kümmern, stürzt sich Boris in mehrere Affären, bis ein Fremder ihm mitteilt, dass Béatrice nur geheilt werden kann, wenn Boris seinen Lebensstil ändert.

    Gleich vorneweg muss man sagen, das Côté bei diesem Film wunderbar und äußerst präzise Regie geführt hat. Die unzähligen Wideshots gepaart mit den Montagen wirken äußerst imposant und eindrucksvoll. Optisch war „Boris sans Béatrice“ auf alle Fälle eine Wucht. Bei den Montagen beispielsweise hätte man den Film anhalten können und dieser Moment hätte sich wunderbar als Gemälde gemacht.

    Auch die fantastischen schauspielerischen Leistungen sprechen sehr für den Film. Hyndman kann als arroganter Frauenheld durchaus überzeugen und obwohl Girard kaum Text hat, macht sie diese Lücke mit ihrem beeindruckenden Mienenspiel wieder wett. Auch die Affären von Boris sind nicht nur persönlichkeitslose „Betthäschen“, sondern jede bringt ihren eigenen Ballast mit sich. Helga (Dounia Sichov) betrügt selbst ihren Freund mit Boris und die Krankenbetreuerin von Béatrice Klara (Isolda Dychauk) weiß genau, dass sie nicht nur Boris’ Spielzeug sein will.

    Passend zur Thematik wird der Film von einer gewissen Kälte durchzogen und man bekommt so das Gefühl, dass die Charaktere den Zuschauer nicht an sich heranlassen wollen. Diese Atmosphäre fand ich aber sehr gelungen. Trotzdem konnte mich der Film nicht vollends überzeugen. Die Charakterwandlung von Boris vom arroganten Frauenheld zum fürsorglichen Ehemann wirkte nicht realistisch bzw. glaubhaft. Es hat für mich einfach keinen Sinn ergeben, warum sich ein so stolzer Mann wie Boris aufgrund eines Kommentars eines total fremden Menschen plötzlich dazu entschließen sollte, seine ganze Lebenseinstellung auf den Kopf zu stellen. Die Motivation von Boris war meiner Meinung nach nicht ganz nachvollziehbar, was auch den weiteren Verlauf des Filmes negativ beeinflusste.

    Man konnte zwar deutlich erkennen, dass Regisseur Côté mit diesem Film die Innenperspektive eines Mannes zeigen wollte, der kurz davor ist die Kontrolle über sein Leben zu verlieren, aber da man Boris seine Handlungen nicht wirklich abkauft, wirkt diese versuchte Erforschung der psychologischen Abgründe dieses Charakters unglaubwürdig.

    „Boris sans Béatrice“ versucht, ein psychologisches Drama zu sein, aber dies gelingt ihm leider nicht ganz.
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    (Sumaiya Akhter)
    14.02.2016
    00:32 Uhr
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