Filmkritik zu Mit Siebzehn

Bilder: Filmladen Fotos: Filmladen
  • Bewertung

    „Brokeback Mountain“ Light

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2016
    Scheinbar ohne Grund sind die zwei Schüler Damien (Kacey Mottet Klein) und Thomas (Corentin Fila) miteinander verfeindet: sie machen sich verbal fertig und wenn das nicht mehr genügt, helfen nur noch Prügel. Warum sie solche Aversionen gegeneinander haben, wird nicht gesagt. Doch als dann Thomas für eine Weile bei Damien und seiner Mutter Marianne (Sandrine Kiberlain) einzieht, bahnt sich eine Freundschaft zwischen den beiden an, aus der ganz bald mehr wird.

    „Quand on a 17 ans“ ist eine wunderbare Coming-of-Age Geschichte, die das Heranwachsen zweier Jugendlicher in einem abgelegen französischen Bergdorf zeigt. Die Handlung ist in drei Trimester (ein französisches Schuljahr) unterteilt, was enorm dabei hilft, die Charakterwandlungen der Figuren über einen längeren Zeitraum zu verstehen. Damien ist ein intelligenter Schüler, jedoch ein Außenseiter. Zu seiner Mutter Marianne hat er sehr gutes Verhältnis, sie erzählen sich gewöhnlich wirklich alles. Marianne selbst ist eine sehr lebensfrohe Frau, die ihren Job als Ärztin sehr ernst nimmt, da sie Patienten auch gratis behandelt. Thomas ist ein kleiner „Troublemaker“, bemüht sich nicht um gute Noten und treibt sich viel lieber in den Bergen herum als zur Schule zu gehen.

    Die Tatsache, dass sich die beiden Jungen ohne Grund nicht ausstehen können, war für mich eigentlich schon ein deutliches Zeichen dafür, dass sie sich insgeheim wahrscheinlich zueinander hingezogen fühlen. Ganz nach dem Motto „Was sich liebt, das neckt sich.“ Trotzdem bleibt der Film durchgehend spannend, man lernt interessante Charaktere kennen, die man gerne durch die Handlung begleiten will. Die ganze Zeit fragt man sich nämlich, wann sich Damien und Thomas nun endlich eingestehen, dass sie Gefühle füreinander haben. Damien ist der erste, der zugibt, mehr als Freundschaft für Thomas zu empfinden. Dieser ist zunächst total schockiert davon, doch im Endeffekt kann auch sehr sich nicht mehr davor verstecken, dass es ihm genauso geht.

    Diese langsame Freundschaft, die sich ebenso langsam zu Liebe entwickelt – obwohl gegenseitige Anziehung schon von Anfang an da war – ist wahnsinnig schön mit zu verfolgen. Die Gefühlswelt der Teenager wird so akkurat beschrieben: Verwirrung, Verweigerung und schlussendlich doch Akzeptanz. Regisseur André Téchiné hat diese Entwicklung bei der Pressekonferenz wie folgt beschrieben: „Die beiden Jungs versuchen sich aus der Konditionierung der Heterosexualität zu lösen und sich dabei selbst zu finden.“ Mit dieser Selbstfindungsthematik kann sich vermutlich jeder identifizieren, weshalb „Quand on a 17 ans“ auch so gut funktioniert. Wir alle waren schon einmal an einem Punkt, wo wir nicht wussten, wer wir sind, was uns ausmacht oder wer wir sein wollen.

    Was der Regisseur auch sehr geschickt gemacht hat, war der wenige Dialog zwischen Damien und Thomas bei gewissen Szenen. Als Jugendlicher redet man nämlich nicht offen über seine Gefühle, entweder man sagt gar nichts oder lässt seine Taten sprechen. Im Film war es eine Mischung aus beidem, was die Figuren nur noch glaubhafter darstellt. Als Kinozuschauer sympathisiert man mit jedem einzelnen dieser Charaktere und kann jede ihrer Handlungen nachvollziehen. Das liegt vor allem daran, dass die Schauspieler ihre Rollen so echt und überzeugend spielen.

    Diese Liebesgeschichte erinnerte mich ein wenig an „Brokeback Mountain“, da die Protagonisten ebenfalls in den Bergen, abgeschieden von großen Menschenmengen, ihre Gefühle füreinander entdecken. „Quand on a 17 ans“ ist eine realitätsnahe Geschichte über zwei heranwachsende Jugendliche, die mit viel Herz erzählt wird.
    moviesaremyjam_ebd47f1272.jpg
    (Sumaiya Akhter)
    16.02.2016
    10:14 Uhr
    Meine Top-Filme: