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  • Bewertung

    Zu schön um wahr zu sein

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2016
    Der schnurrende, verschmuste Kater Moses spielt die Hauptrolle im idyllischen Leben von Andreas und Stefan. Die viele Liebe und Zuneigung, die die beiden zu geben haben, bekommt auch er mit und genießt das schöne Leben in so fürsorglichen Händen. Man merkt, wie es dem Regisseur Spaß machte, Katzen, diese schönen und anmutigen Tiere abzubilden.

    Auch hier, wie in ebenfalls auf der Berlinale gelaufenen Film „Théo et Hugo dans le même bateau“, gibt es sehr sinnliche Momente voller Leidenschaft. Musik ist dabei allgemein ein wesentlicher Anreiz. Die Bewegungen sind kunstvoll choreographiert, tänzerisch sind sich die beiden nahe. Glücksgefühl springt über die Leinwand, als auf einer Autofahrt gemeinsam gesungen wird, voller Wertschätzung der Musik.

    Die beiden Männer arbeiten gemeinsam in einem Orchester und bewohnen ein schönes, altes Haus mit Garten und netten Nachbarn, und schmeißen Partys für ihre Freunde. Während einer kocht, gibt der andere Musikunterricht. Viel zu lange ist alles in Harmonie in der Beziehung der zwei Musiker. Der Filmemacher hat hier wohl den richtigen Moment verpasst, da die Aufmerksamkeit nachlässt, wenn zu lange nichts passiert. Das empfand ich als die größte Schwäche des Films. Doch je paradiesischer der Ausgangszustand, desto stärker ist aber auch der Verlust dessen, wenn auf einmal das Vertrauen gebrochen ist. Was passiert hat niemand erwartet und lässt sich rein gar nicht nachvollziehen, weder vom Zuschauer, noch von Stefan, der jetzt der Täter ist – vom Liebhaber zum Psychopath. Viel eher identifizieren wir uns jetzt mit Andreas, der ihm verschlossen den Rücken zukehrt. Es ist wirklich ein starker Unterschied nach der bedingungslosen Harmonie, die zerstört wird, so dass die Verbindung der beiden gekappt ist und Stefan mit seinen Versuchen einfach an eine Wand stößt. Es stellt sich als die schwierigste Aufgabe der Beziehung heraus, wieder annähernd eine Basis herzustellen, wie sie die Beziehung früher getragen hat. Dabei muss ich Lukas Turtur (als Stefan) dafür loben, wie er die machtlose Verzweiflung und Angst vor sich selbst spielt. Metaphorisch versucht er die Gnochis die überall im Raum verstreut sind, die zerbrochene Liebe wieder zu ordnen, aufzuräumen und wiederherzustellen. Ein Leckerbissen ist Manuel Rubey als der schüchterne, schwule Fagottspieler Vladimir. So kennt man ihn noch gar nicht!

    Eine langsam erzählte Gegenüberstellung von Vertrauen und Vertrauensverlust.
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    (Luzia Johow)
    25.02.2016
    22:37 Uhr