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  • Bewertung

    Karate Girl in einem Clash der Kulturen

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2016
    „Was wäre, wenn ich alles verliere was mir lieb ist? Wie tief kann ich fallen und wie stehe ich wieder auf?“

    Diese grundsätzliche Frage, die sich Marie aus Deutschland stellt, wird ihr bei ihrer Reise zu sich selbst beantwortet: Die junge Frau wollte eigentlich als Clown nach Fukushima gehen, um den Leuten dort zu helfen. Ganz ursprünglich wollte sie sich selbst besser fühlen, in dem sie Menschen trifft, denen es noch schlechter geht. Sie ist ein psychisches Wrack, das mit dem Deckmantel, anderen Hilfe zu bieten, Hilfe von anderen erwartet.

    Die Protagonistin, gespielt von Rosalie Thomass, ist durch ihre vielen Fehler sehr sympathisch und bringt als Clown im Gegensatz zu den eleganten Japanerinnen eine wunderbare Situationskomik in die Szenen. Wie sie immer wieder die Fassung verliert und ihr brüchiges Englisch in deutsche Fluchtiraden zerfällt sorgte für einige mitfühlende Lacher.

    Der Film wurde in Schwarzweiß gedreht, außerdem ließ die Regisseurin einen Stil von japanischen Zeichnungen miteinfließen. Das ganze Land hat so eine rauhe Kargheit, die auch von Satori, der alten, etwas biestigen Frau ausgeht. Sie ist die einzige, die in dem verstrahlten Landgebiet noch leben will und alles was sie sich wünscht ist, eine Schülerin zu bekommen um die Kunst der Geisha weitergeben zu können. Vorerst aber muss sie sich damit abgeben, der plumpen Marie beizubringen, wie man eine Teetasse hält. Das Sensei-Genre, das die Beziehung zwischen Meister und Schüler beschreibt, kam bisher fast ausschließlich in männlicher Form auf die Leinwand und Doris Dörrie bringt hier einfach ihre Variation, das „Karate Girl“ entgegen, was ich für sehr gelungen halte.

    Auch der Einsatz von Requisiten ist eine große Stärke des Films, denn sie sind sparsam und gezielt eingesetzt. Ein Teeservice, ein paar Muster auf Tüchern und Sandalen der Geisha erzählen schon so viel über die japanische Kultur, das man den Film auch als Zeitreise bezeichnen kann. Die Geister der Vergangenheit müssen aber sowohl Satori als auch Marie ablegen, um endlich wieder ein lebendigeres Leben im Jetzt führen zu können.

    Doris Dörrie schafft es wie so oft in ihren Filmen, Humor und Liebe mitten aus dem Leben rüberzubringen und daher lohnt es sich auf jeden Fall, sich diese berührende Drama-Komödie anzuschauen.
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    (Luzia Johow)
    15.02.2016
    20:12 Uhr