Filmkritik zu Goat

Bilder: Filmverleih Fotos: Filmverleih
  • Bewertung

    Roh und Wahr – ohne Wegzuschauen

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2016
    Wie kann ein Mensch das ertragen? Die „Hell Week“ ist das unumgängliche Aufnahmeritual der Elite-Studentenverbindung Phi Sigma Mu. Brutalität, von körperlichen Verletzungen über Wetttrinken weit über die Brechreizgrenze hinaus bis zu psychischer Demütigung bekommen wir hier alles zu sehen. Die jungen Neuen sind die „Goats“ und werden auch auf möglichst niedrigen Niveau behandelt. Sie können wie Ziegen einfach nur hilflos herumstehen und darauf warten, was auf sie zukommt.

    Was in diesem Film gezeigt wird, ist so ziemlich das ekelhafteste was Jugendliche sich antun können. Die Opfer und willigen Entgegennehmer dieser Behandlung sind junge Bewerber, die um jeden Preis Teil von Phi Sigma Mu werden wollen. Der Reiz daran sind Brüder die immer zu einem halten, Partys mit leichtem Zugang zu Mädchen und Anerkennung am Campus.

    Ein dramaturgisch wirklich gute Entscheidung ist, den älteren Bruder auf die andere Seite der Macht zu stellen. Nick muss dadurch immer mehr mit einem Gewissenskonflikt kämpfen: Einerseits hat er seinem kleinen Bruder gegenüber eine beschützende Rolle, andererseits muss er sich seinen Kollegen aus der Verbindung loyal und gnadenlos zeigen.

    Immer mehr fragt man sich, wie weit diese jungen Männer eigentlich gehen können, ohne dass jemand einschreitet oder sich einer fragt, ob es das wert ist. Sie leisten aussergewöhnliches um ihre Maskulinität unter Beweis zu stellen. Das Männerbild ist total übersteigert, wobei die Frauen (wie zu erwarten) nur in der Rolle der Sexobjekte auftreten.

    Die Grundstütze des Films bot ein Dokumentarfilm zum Thema Aufdeckung von Burschenschaften, und durch die Recherchen kamen auch die Schauspieler in ersten Kontakt mit diesem Thema.

    Gezeigt wird das Spektakel zweifelsohne auf hochwertige Weise und man kann es eigentlich auch nicht anders zeigen. Doch wissen wir das alles nicht sowieso schon? Das Thema der hirnlosen Gewalt unter Jugendlichen kommt mir schon sehr bekannt vor und ich kann nicht nachvollziehen was an dieser Verfilmung neu ist. Dass mich also nichts an der Story wirklich überrascht hat, schmälerte leider meine Begeisterung.
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    (Luzia Johow)
    22.02.2016
    23:01 Uhr