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  • Bewertung

    Ein seltsam schöner, aber zäher Trip durch die Wiener Nacht

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2016
    Man nehme einen Haufen Roma, setze sie in einen schmierigen Puff und lasse sie für schwule alte Männer eine Show abziehen. Eine auf den ersten Blick einfacher Weg an Geld zu kommen, um die Familien zu Hause zu versorgen. Die meisten von ihnen sind jedoch heterosexuell und vor allem für einen Neuling bedeutet es schon einiges an Überwindung, in dieses Business einzusteigen.

    Die Taktik dieses Films ist es, nicht über das Thema zu reden sondern mit dem Thema, also nicht von aussen zu betrachten, sondern direkt ins Geschehen einzusteigen, und mit den jungen Männern zu reden, um die sich dieser Film dreht. Wobei „ins Geschehen einsteigen“ vielleicht schon etwas übertrieben ist, so wenig wie hier geschieht. Die leicht wehleidigen Erzählungen drehen sich immer weiter im Kreis. Was die Aufmerksamkeit aber auch immer wieder zerstreut, ist, dass es sehr viele Protagonisten gibt und man sich so auf keine Person richtig einlassen kann. So fliegt man eben von Moment zu Moment und nimmt den ganzen Film über eher eine Stimmung in sich auf, als eine Geschichte. Es gab also immer wieder Längen, wobei ich mich fragte, warum wir diese Belanglosigkeit jetzt sehen müssen.

    Immer wieder sehen wir Wien, mit seinem industriellen aber doch irgendwie schönen Fluss, der Donau, die vielleicht auch die verfließenden Kulturen reflektiert. In Bulgarien liegen die Ursprünge der Männer, und so lernt man auch einiges über die finanzielle Situation der Menschen dort und was dazu führt, dass sie nach Wien kommen.

    Ganz starke Wirkung machte die Licht-Gestaltung der Szenen. Unnatürlich zu beleuchten ist ja etwas grundsätzlich ungewohntes für Dokumentationen. Was hierbei entstand, war schon fast ein theatermäßiges Bild. Rotlichtmilleu-Stimmung kam jedenfalls durch die purpurnene, blauen und roten Beleuchtungen überdeutlich durch.

    Hier kommen wir auch schon zum Genremix, in dem der Film schwimmt. Ist es Spielfilm, ist es Doku? Fast schon dramatische Dialogszenen, worauf spielhafte Interviews folgen, lassen die Grenzen verschwimmen. Darauf wollte Regisseur Patric Chiha aber auch hinaus, und seinen Ansatz finde ich durchaus interessant.

    Der Film besitzt also sehr interessante und neuartige Ideen und Formen, ist aber viel zu langatmig dargebracht.
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    (Luzia Johow)
    14.03.2016
    23:05 Uhr