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8 Bewertungen
86.3% Bewertung
  • Bewertung

    Die Ersatzfahrerin

    Der Plot ist ungewöhnlich, das Ende überraschend und die Darsteller authentisch.
    Die junge Spanierin Victoria (Laia Costa) macht mit vier echten Berliner Jungs eine Sause: Boxer (Franz Rogowski), Blinker (Burat Yigit), Fuß (Max Mauff) und Sonne (Frederick Lau). Als Verständigung radebrechen sie alle auf Englisch. Sonne verliebt sich ich Victoria. Am Ende der Nacht müssen die Jungs für Obergangster Andi (André M. Hennicke) noch einen Auftrag ausführen. Boxer kennt ihn aus dem Knast.
    Weil einer ausfällt, übernimmt Victoria ahnungslos einen Job als Fahrerin. Man ahnt, dass es ein Bankraub wird, den die vier recht unprofessionell erledigen. Überleben wird den Coup nur Victoria.
    Nur eine Sache ist an dem Film nicht besonders gelungen: er ist viel zu lang (über zwei Stunden!). Da es nur ein Drehbuch von wenigen Seiten gibt, wird ausgiebig improvisiert. Es gibt entsprechend viel Palaver. Also Leerlauf. Viele quatschen gleichzeitig durcheinander. Obwohl die Darsteller das gut rüberbringen, entsteht ein Hohlraum. Über die Lösung kann man diskutieren. Victoria die einzig Unschuldige entkommt mit dem Geld. Die Polizei spielt hier eine eher untergeordnete Rolle. Filmfestival geeignet.
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    19.02.2020
    12:12 Uhr
  • Bewertung

    Es nimmt kein Ende

    Der Film beginnt fröhlich als Begleitung einer jungen Dame in einem Berliner Club und nimmt ungefähr ab der Hälfte Fahrt auf. Aber welch eine Fahrt! Zunächst noch harmlos und das Leben genießend auf Berlins Dächern unterwegs, wird der Film zu einem Höllentrip mit Verfolgungsjagd, die aufgrund der genialen Kameraführung und Schnitttechnik (hihi) niemanden kalt lässt. Ein wirklich sehenswerter Film, der einen erst Minuten nach dem Ende realisieren lässt, was zur Hölle da eigentlich gerade gesehen wurde. Empfehlung!
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    02.07.2015
    14:48 Uhr
  • Bewertung

    Hoch dosiertes Adrenalin, ohne Gnade und ohne Schnitt.

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2015
    Es ist schon eine ganze Weile her. Da gab es einen deutschen Film, in dem eine Frau mit feuerrotem Haar durch Berlin läuft. Sie hat wenig Zeit, eigentlich schon längst zu wenig. Ihr Freund hat ihr gedroht, einen Supermarkt zu überfallen, weil er dringend Geld braucht. Kriminell dringend. Sie läuft und läuft und das Publikum hält den Atem an. Dann ist die Geschichte nach kurzer Zeit zu Ende und beginnt von vorn, nur Kleinigkeiten ändern sich und alles geht anders aus. Und wieder beginnt die Geschichte von vorne ... Der Film hieß „Lola rennt“ und definierte das, was man bisher unter dem deutschen Film verstand, völlig neu. Kein Stein blieb auf dem anderen und die halbe Welt kannte ab diesem Zeitpunkt Tom Tykwer.

    Und jetzt dieser Film. Von den ersten harten Beats in der Diskothek bis zur letzten Minute schießt er eine gnadenlos hohe Dosis Adrenalin in die Venen der Zuschauer und wenn man längst glaubt,es nicht mehr ertragen zu können und emotional das Maximum an Zeitdruck, Spannung und Ausweglosigkeit erlebt zu haben, legt er noch einen Zahn zu. Wo man längst hyperventilierend um einen Schnitt bettelt, gibt es keinen. Keinen einzigen. Der ganze Film sieht aus, als wäre er in einem Stück durchgedreht und durchgedreht ist auch die Geschichte, die uns hier erzählt wird. Eine junge Spanierin (Laia Costa), neu in Berlin, hat Schluss gemacht mit ihrem Leben als Klavierspielerin. Sie ist Meisterin in ihrem Fach, aber „nicht gut genug“ für das Konservatorium, auf dem sie studierte. Sie würde nie genug sein für die Erwartungen um sie herum. In Berlin lernt sie eine Gruppe Jungs kennen, sie hat keine Ahnung, worauf sie sich einlässt. Und jedes Mal, wenn es so aussieht, als hätte sie die nächste Situation gut gemeistert, ist es wieder nicht genug und es geht noch ein Stück weiter. An den Punkten höchster Anspannung angelegt gönnt ihr und uns allen im Kinosaal Sebastian Schippers Tour de Force keine Verschnaufpause. Dafür zieht er mitten im Vollgasrausch unvermittelt die Handbremse und reißt das Vehikel genauso rabiat wie er zuvor aufs Gas gedrückt hatte, zu einem beinahe friedlichen Innehalten herum. Der Frieden ist jedoch nur von kurzer Dauer und der Schein trügt, im Film, wie auch im wirklichen Leben.

    Schippers „Victoria“ wird hier in Berlin nicht nur wegen des programmatischen Titels ohne jeden Zweifel mindestens einen der begehrten Bären bekommen (müssen). Niemand kann an dieser aberwitzigen Vollgasraserei durch das morgendliche Berlin und an den Leistungen des gesamten Ensembles vorbei. Und sei es nur deshalb, weil einem während des Filmes vor Anspannung und Beklemmung schlecht geworden ist und die Hände beim Hinausgehen zittern.

    Es ist eine Weile her, seit Lola durch Berlins Straßen lief und den Lauf der Filmgeschichte veränderte. Victoria und ihre Freunde haben sie eingeholt und sind an ihr links vorbei gelaufen. Das wird ihnen so schnell keiner nachmachen.
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    08.02.2015
    00:25 Uhr