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78.8% Bewertung
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    Alles wird gut

    Ob der Titel sich am Ende bewahrheiten wird oder ironisch gemeint ist, werden Optimisten und Pessimisten wohl unterschiedlich beantworten.
    Die Beziehung zwischen dem Schriftsteller Thomas (James Franco) und Sarah (Rachel McAdams) zerbricht, weil sie unterschiedliche Lebensentwürfe haben. Das neue Verhältnis, das Thomas mit Ann (Marie-Josée Croze) eingeht, leidet unter den Folgen eines Unfalls: Thomas ist der kleine Sohn von Kate (Charlotte Gainsbourg) vors Auto gerutscht.
    In intensiven Bildern mit vielen Details und überwiegend Großaufnahmen der Gesichter geleitet die Kamera den Zuschauer durch dieses komplexe Handlungsgeflecht. Leise, anrührend, bisweilen erstaunlich. Versöhnung ist nicht jedermanns Sache. Also nicht auch noch die andere Wange hinhalten!? Sarah hat unter der Trennung jahrelang gelitten.
    Thomas erlöst quasi den Bruder des getöteten Jungen, der in ihm einen Ersatzvater sieht. Dessen Mutter Kate begeht mit ihm ein Abschiedsritual, eine Art ‘Feuerbestattung‘ und am Ende versöhnt er sich auch noch mit seinem dementen Vater (Patrick Bauchau).
    All diese Dinge spielen sich in wechselnde Jahreszeiten im wunderschönen Kanada ab, bieten Raum für Reflexionen. Die vier Hauptdarsteller liefern eine großartige Leistung ab, in der jeder einzelne als Solist und im Duo seine knisternden Momente hat, wie sie nur Wim Wenders aus ihnen herauskitzeln kann.
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    23.09.2015
    10:19 Uhr
  • Bewertung

    Every thing will be fine

    James Franco spielt in Wim Wenders neuem 3D-Drama den Autor Tomas Eldan, der bei einem Unfall ein Kleinkind tötet. Der Film schildert eine Zeitspanne von 12 Jahren, in denen Tomas lernt, mit seinem Gewissen zu leben.

    Obwohl Tomas Eldan Schriftsteller ist und einen Bestseller nach dem anderen produziert, also gut mit Worten kann, ist er als Privatperson eher wortkarg und schmeißt gern mit leeren Floskeln wie „It’s never too late“, „It’s okay“ und dem titelgebenden „Everything will be fine“ umher. Aber der hoffnungsvolle Wenders hat scheinbar beschlossen, fest daran zu glauben, stattet diese Floskeln mit Sinn aus und gesteht ihnen eine gewisse Wahrheit zu. Es ist ein zweistündiger Prozess (oder für Tomas ein 12-jähriger Prozess), in dem Tomas lernt sich endlich selbst zu verzeihen. Charlotte Gainsbourg, die die trauernde Mutter des verstorbenen Kleinkindes mimt (Antichrist lässt grüßen) zeigt sich gütig und erspart sowohl Tomas als auch dem Zuschauer unnötige Vorwürfe.

    Es ist ausgesprochen berührend, den Protagonisten dabei zuzusehen, wie sie sich Schritt für Schritt der Heilung ihrer Traumata hingeben und die Vergangenheit aufarbeiten. James Franco, der mit gleich drei Filmen auf der diesjährigen Berlinale ist, überzeugt in dieser Rolle am ehesten und Charlotte Gainsbourg ist das Melancholisch-Fragile ohnehin auf den Leib geschrieben. Neben den tollen Performances der Darsteller gibt es auch noch wunderschöne Bilder in schickem 3D und eine Katharsis für den Zuschauer obendrein. Absolut sehenswert!
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    11.02.2015
    10:54 Uhr
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    Mit 3D kann man auch ein stilles Drama erzählen. Immerhin.

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2015
    Mit seinem neuesten Film über einen Schriftsteller, der einen Autounfall hat, der sein ganzes Leben beeinflussen wird, hat sich Regisseur Wim Wenders keine prinzipiell neue Geschichte ausgesucht. Filme über traumatische Situationen und deren Folgen gibt es ja schon genug. Es gibt sogar solche, in denen ebenfalls Rachel McAdams mitspielt, wie zum Beispiel „The Vow“, in dem sie an der Seite von Channing Tatum ihr Gedächtnis verloren hatte. Wim Wenders, dessen „Himmel über Berlin“ zu dieser Stadt und seiner Filmgeschichte so dazu gehört, wie die Currywurst oder die Bären, hat Rachel McAdams diesmal an die Seite von James Franco gestellt und nun ist es nicht sie, die ihr Gedächtnis verloren hat, sondern er, der vergessen will. „Vergessen ist so leicht, wenn man vergessen kann!“ singt der Berliner Sänger Tim Bendzko in einem seiner Songs und er fasst den Inhalt des Filmes damit ausgesprochen treffend zusammen. Tomas, der Schriftsteller, den James Franco spielt, hat die Ereignisse von damals, als der Unfall passierte, zuerst mit Alkohol und Drogen, später dann durch das Schreiben aufgearbeitet und verdrängt. Von seinem Umfeld erwartete er das Gleiche und als sich herausstellt, dass das Verdrängen und Wegschreiben nur für ihn, aber nicht für andere Menschen in seinem Umfeld funktioniert hat, schaut er den Rest des Filmes lang immer wieder drein wie ein Autobus.

    Hätte ein junger Nachwuchsregisseur diesen Film gedreht, würde man ihm artig applaudieren und die gelungene Anwendung dessen, was er in der Filmakademie gelernt hat, positiv hervorheben. Wim Wenders ist aber ein Kultregisseur, einer, der in der Geschichte seines Schaffens schon echte Meilensteine geschaffen hat. Mit diesem Film wird es wohl anders sein. Auf jeden Fall bemerkenswert ist die Tatsache, dass er sein Drama, das mit Action, Weltraumfahrt oder Wurmlochreisen überhaupt nichts zu tun hat, sondern bestenfalls in die Abgründe von Sünde und Schuld zu reisen imstande ist, in 3D gedreht hat. Wer hätte das gedacht? Nichts an diesem Film braucht die 3D-Brille in dem Sinne, wie man es bisher gesehen hat. Doch dann sind da zahlreiche Szenen im Film, wo man ganz eindeutig merkt, dass Wenders die 3D-Technik bewusst eingesetzt hat, um die Geschichte auch visuell auf mehreren Ebenen zu erzählen. Er bedient sich der 3D-Technik nicht zum Effekte haschen, sondern zum Vertiefen dessen, was sein Film erzählt. Und das ist ihm sogar sehr gut gelungen und unterstützt die Botschaft des Filmes auf eine sehr unaufdringliche und im positiven Sinne ungewöhnliche Weise. Darin, aber leider vorwiegend nur darin, blitzt das Genie des Filmemachers auf, das die Welt von ihm gewohnt ist. Daran können auch kleine Details in der Erzählstruktur nichts wesentlich ändern, wie zum Beispiel die beiden Schneemänner, die vor dem Haus stehen und auf Christophers Bruder verweisen, der bei dem Unfall ums Leben gekommen ist.

    „Every Thing Will Be Fine“ ist durchaus ein sehenswerter, aber letzten Endes überraschend gewöhnlicher Film mit einem guten Ensemble und einer sehr sehenswerten Kulisse in und rund Montréal in Kanada. Die hohe Erwartung, die angesichts seines Regisseurs an ihn gestellt wird, vermag er jedoch leider nicht zu erfüllen.
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    10.02.2015
    23:54 Uhr