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    Etwas altbackene Sprüchesammlung in Schwarz-Weiß

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2015
    Ein Western ist ein Film über zwei oder mehr Halunken, die auf ihren Pferden von Ort zu Ort ziehen und dabei mit dem Gesetz in Konflikt kommen. Der Sheriff repräsentiert vor Ort Recht und Ordnung und in manchen Fällen hängt diese Ordnung vom Gutdünken der Person ab.

    Der rumänische Regisseur Radu Jude hat mit seinem neuen Film so etwas wie einen Western gedreht. Auf den Pferden sitzen zwei Männer, der eine ist Hauptmann am Ende des 19. Jahrhunderts, vergleichbar mit einem heutigen Gendarm. Gemeinsam mit seinem Sohn, der ihm als Gehilfe dient, reiten die beiden durch den schon damals ärmsten Winkel Europas, weil sie einen davongelaufenen Sklaven wieder einfangen sollen. Ja, es gab die Sklaverei auch in Europa, nicht nur den USA und mit ihren Leidensgenossen in Übersee verband die Roma und Sinti, die zur Zeit der Donaumonarchie als Sklaven gehalten wurden, ihre dunkle Hautfarbe. Von dem, was in so manchem kitschigen Heimatfilm rund 60 Jahre später als „Zigeunerromantik“ verklärt wurde, war in Wirklichkeit bitterer Ernst der Unterdrückung, Ausbeutung und Leibeigenschaft.

    So weit so gut, denn das kennen wir ja aus den Geschichtsbüchern. Was diesen Film so ungewöhnlich macht, ist sein Konzept als Ost-Western und die Einbettung zahlreicher Geschichten und Lieder, die die Drehbuchautoren aus historischen Dokumenten entlehnt haben. So kann der Hauptmann im Film während des Ritts durch die menschenleeren Gebiete fernab der große Städte Europas beinahe am Fließband Sprichwörter und Weisheiten zum Besten geben, die für eine ordentliche Portion Humor sorgen. Dieser Humor ist jedoch ohne ein Hehl daraus zu machen sexistisch und Gewalt verherrlichend. Auch das ist aus der Geschichte keine Überraschung, bekommt im Film jedoch überraschend viel Raum – mehr als eigentlich nötig gewesen wäre. In der Nachdenklichkeit des Sohnes und seiner Sprachlosigkeit klingt jedoch auch die Orientierungslosigkeit der Nachfolgegeneration an, in die er hineinwachsen wird. Somit ist der Film ein prinzipiell interessantes Experiment, eine filmische Gattung in ein neues Umfeld einzubetten. Der Gesamteindruck ist jedoch nur bedingt geglückt, sowohl schauspielerisch als auch dramaturgisch.
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    11.02.2015
    23:47 Uhr