3 Einträge
5 Bewertungen
76% Bewertung
  • Bewertung

    Die Last des Unausgesprochenen

    Die Geschichte wird ruhig und nüchtern erzählt. Dazu passend hält sich auch die Filmmusik größtenteils im Hintergrund. Der Film konzentriert sich voll und ganz auf seine beiden Hauptdarsteller, deren subtile Performance auf ganzer Linie überzeugt.

    Der Film bietet einen kurzen Blick in das Leben eines Ehepaares, deren Beziehung kurz vor ihrem 45. Hochzeitstag auf die Probe gestellt wird.
    Der durch die Nachricht über den Fund der Leiche der Jugendliebe des Mannes ausgelöste Konflikt brodelt unter der Oberfläche, bricht jedoch nie offen hervor. Der Ehemann spielt die durch die Nachricht ausgelösten Gefühle herab, die Ehefrau versucht ihre Unsicherheit zu verstecken. In einer Szene beginnt so etwas wie eine direkte Konfrontation, verebbt jedoch bereits wieder, bevor sie richtig angefangen hat.
    Das Unausgesprochenen bzw. Nichtangesprochene beherrscht den gesamten Film.

    In der stärksten Szene des Films sitzt Kate alleine am Dachboden, klickt sich durch Diafotos der Verstorbenen und entdeckt ein weiteres Geheimnis.

    Das Ende ist abrupt und lässt viele Fragen unbeantwortet. Übrig bleibt das unbefriedigende Gefühl, keine zu Ende erzählte Geschichte gesehen zu haben, sondern nur einen kurzen Ausschnitt einer Beziehungsgeschichte, die sicher mehr geboten hätte.
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    02.08.2016
    18:15 Uhr
  • Bewertung

    Die lange Ehe

    Der Film ist nicht nur etwas für Leute, die 45 Jahre miteinander verheiratet waren, obwohl es hier schon um ein solches Paar Oldies geht.
    Die beiden Hauptdarsteller Charlotte Rampling und Tom Courtenay sind echte Könner. Es gelingt ihnen, eine Charakterstudie der beiden Oldies abzuliefern, in der sich zwei echte Typen gefunden haben und es mit einander aushalten. Eigentlich eine Alltagsgeschichte: Geoff ist etwas klappriger als sie, auch etwas vergesslicher und nicht sehr redselig. Er wirkt bisweilen etwas hilflos der alten Eigenbrötler. Kate ist etwas fitter, fährt noch Auto, umsorgt ihn weitgehend weiträumig. Sie kann verschmitzt oder traurig sein und wenn sie lächelt, scheint die Sonne.
    Der 45. Hochzeitstag soll mit einer großen Party gefeiert werden.
    Die Spannung kommt hier aber nicht von den äußeren Aktivitäten der beiden, sondern man wird neugierig, worüber sie nicht reden wollen oder können. Da war etwas vor vielen Jahrzehnten. Kate bedrängt ihn, ihr doch alles zu erzählen. Geoff rückt aber nur sehr zögerlich und nur teilweise damit raus. Kate entdeckt Fotos auf dem Dachboden. Undeutliche Teilansichten einer jungen Frau namens Katya, eine Bergtour in den 60er Jahren, jetzt hatte man ihre Leiche im Eis gefunden (Der Auslöser der Diskussion!) Wird Geoff sie identifizieren? Und Kate entdeckt Katyas süßes Geheimnis. Sie und Geoff haben keine Kinder…
    Die Party ist ein Erfolg mit den Hits der 60er Jahre.
    Der abrupte Schluss überrascht und eröffnet Spekulationen über die Zukunft, denn die Geschichte ist ja noch nicht zu Ende. Geoff ist nur von seinen Erinnerungen eingeholt worden.
    Toll, dass es noch solche Filme gibt: leise, kontemplativ, gar nicht mal unwichtig, Off-Mainstream und zu Recht preisgekrönt. Wenn man sich diesen Film erneut anschaut, ist es, wie ein Besuch bei alten Freunden. Und wenn man am Ende feuchte Augen bekommt, liegt das nicht nur an den Platters: ‘Smoke Gets in Your Eyes‘.
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    30.11.2015
    18:26 Uhr
  • Bewertung

    Beziehung ist Arbeit

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2015
    Es ist ein besonderer Tag im Leben eines Liebespaares, wenn die beiden sich nach bestem Wissen und Gewissen die Treue und die lebenslange Liebe versprechen. Ein großes Fest wird gefeiert im Kreise aller Freunde und Verwandten und für gewöhnlich denken die frisch gebackenen Eheleute immer wieder gerne an diesen besonderen Tag in ihrem Leben zurück. So gerne, dass man seine Wiederkehr in regelmäßigen Abständen feiert, umso größer, wenn es sich um eine stattliche Zahl von Jahren handelt, die da schon zusammen gekommen sind.

    So sind auch Kate (Ch. Rampling) und Geoff (Sir T. Courtenay) voller Vorfreude auf ihren 45. Hochzeitstag und stecken mitten in den Vorbereitungen, als plötzlich ein Brief aus der Schweiz kommt: Geoffs frühere Freundin Katya war vor 50 Jahren in den Schweizer Alpen verunglückt und nun wurde ihre Leiche vom Gletscher freigegeben. Alles, was die beiden einmal verband, kommt in Geoff wieder hoch und lässt dunkle Wolken über dem bevorstehenden Fest und ihrer Ehe aufziehen. Nichts ist mehr so, wie es war.

    In einer Art Chronologie der letzten 7 Tage vor dem Fest zeichnet Regisseur Andrew Haigh die Spannungen und Erdbeben auf, die über die Ehe der beiden hereinbricht. Selbst nach so langer Zeit, die sie schon zusammen sind, gibt es offenbar doch noch Geheimnisse, doch noch Dinge aus der Vergangenheit, die ihre Beziehung ernsthaft gefährden können. Sie war sich immer sicher, dass sie gut genug für ihren Mann war, doch denkt er das von ihr auch? Sie ist sich nicht mehr so sicher... Charlotte Rampling überzeugt in der Rolle der reifen Frau, deren Liebe von einer anderen, längst verstorbenen Frau in Frage gestellt scheint, die sie nicht einmal gekannt hatte. Sir Tom Courtenay gibt ihren Mann, der nicht mehr weiß, wo vorne und hinten ist und seine Distanziertheit immer weiter steigert. Doch überzeugt der Film? Es liegt der Verdacht nahe, dass er sich wohl eher als Bühnenstück geeignet hätte oder mit deutlich mehr Esprit und Leidenschaft inszeniert werden hätte sollen, um auch als Kinofilm aus der leidenden, lethargischen Ecke hervor zu kriechen, in die er sich nur wenige Minuten nach Beginn verkrochen hat. So hätte sich nämlich der Eindruck vermeiden lassen, dass er fast genauso lange dauert, wie sein Titel verheißt.
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    06.02.2015
    22:31 Uhr