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    Wer überwacht die Wächter?

    Wie von den Wettbüros prognostiziert, bekam „Citizenfour“ den Oscar als bester Dokumentarfilm, wenngleich das auch eher eine Würdigung für Edward Snowden ist und ein bemerkenswertes politisches Statement, das man von der Academy nicht erwartet hätte. Filmisch gibt „Citizenfour“ nicht unbedingt viel her, hauptsächlich sieht man den vorläufig gestrandeten Whistleblower in seinem Hotelzimmer in Hongkong, wo er seine Partner von der investigativen Presse empfängt, namentlich Glenn Greenwald und Ewen MacAskill vom Londoner „Guardian“. Man beschnuppert einander, überlegt, auf welche Art man die Masse an Dokumenten publik machen soll, beobachtet den medialen Impact der ersten Enthüllungen. Laura Poitras gibt die Geschehnisse sauber wieder, ihr ist kein handwerklicher Vorwurf zu machen. Doch die Umtriebe von NSA und befreundeten Geheimdiensten wie dem britischen GCHQ bleiben abstrakt. Zyniker mögen sagen, man habe doch ohnehin schon immer gewusst, dass die NSA alles, was technisch möglich ist, auch macht. Trotzdem ist es nicht hoch genug zu würdigen, dass einer einmal die Karten offengelegt und aus Spekulationen Fakten gemacht hat – um den Preis, sein Leben auf der Sonnenseite, als hoch bezahlter, privilegierter US-Bürger, freiwillig in die Zahnräder der Überwachungsmaschinerie zu werfen.
    Eine Botschaft von „Citizenfour“: Irgendetwas muss sich angesichts des technologischen Fortschritts ändern, wenn Privatsphäre als Konzept überleben soll. Heutzutage bewusst kein Smartphone zu haben bedeutet eine Einschränkung der persönlichen Freiheit, man opfert viele Bequemlichkeiten, aber mit Handy nimmt man den Überwachern die Arbeit ab und liefert täglich sein Bewegungsprofil ab. Das Internet sollte man eigentlich auch meiden, da man mit jeder Eingabe sein digitales Profil verfeinert. Alles verdammt deprimierend, ich schau lieber auf Facebook, ob es wo ein neues Gewinnspiel gibt.
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    24.02.2015
    16:51 Uhr
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    liberty=privacy

    gewissenloser vaterlandsverräter? eitler wichtigtuer? ein kleines würschtel von booz allen hamilton ohne zugang zu relevantem intelligence-material? die einzige antwort von politik und "mainstream medien" auf die NSA-affäre war die persönliche diskreditierung des whistleblowers.

    laura poitras, investigativjournalistin und dokumentarfilmerin, wurde im jänner 2013 von "citizenfour" kontaktiert – unter strengsten sicherheitsvorkehrungen, mit verschlüsselten nachrichten und codenamen. gefilmt werden die konspirativen treffen unter beiziehung von glen greenwald und ewen mcaskill im hongkonger hotelzimmer: die leaks werden vorbereitet, snowden steht rede und antwort – und bei ungewöhnlichen vorkommnissen kommt schon mal paranoia auf...

    citizenfour reißt nicht aber nur das thema der mittlerweile allumfassenden überwachung an (GCHQ, PRISM, tempora, Xkeyscore), snowden warnt eindrücklich vor zukünftigen entwicklungen: freies denken, freie meinungsäußerung bedingt die möglichkeit, sich privat und ohne einen misstrauischen blick über die schulter auszutauschen. "freiheit heißt privatsphäre", aber: "die privatsphäre ist tot." sollte sich das politische system je in eine diktatorische richtung entwickeln – kein mensch hätte mehr die chance sich dagegen zu stellen... ein guter grund, einen rechtsbruch auf sich zu nehmen, um viel ungeheuerlichere verstöße gegen gesetze, menschenrechte und verfassung offen zu legen – im bewusstsein aller risiken und unannehmlichkeiten, und jenseits aller persönlichen eitelkeiten.

    fazit: ein wichtiger film, interessant vor allem für diejenigen, die sich bereits mit der materie befasst haben. spannend war für mich die "geschichte von der anderen seite" – die möglichkeit, sich über den verhassten nestbeschmutzer ein eigenes bild zu machen.
    r2pi_f4e09adb6c.jpg
    11.02.2015
    15:47 Uhr