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    Eine Kamera amüsiert sich im Museum

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2014
    Der Forum- Eröffnungsfilm 2014 des österreichischen Filmemachers Johannes Holzhausen sorgt gleich zu Beginn der Berlinale für eine große Überraschung. Es handelt sich dabei über einen Dokumentarfilm über das Kunsthistorische Museum. „Wie langweilig“, könnte man sagen. „Da kann ich doch gleich selbst ins Museum gehen“, könnte man im Vorfeld fälschlicherweise urteilen. Doch Holzhausen beweist auf künstlerisch hochwertige Art und Weise eindrucksvoll das Gegenteil.

    Protagonist des Films ist – wie bereits angedeutet - das Kunsthistorische Museum in Wien. Es ist eine weltweit angesehene kulturelle Instanz, aber gleichzeitig auch ein konkurrierendes Unternehmen, das sich immer wieder neu erfinden muss. Als modernes Museum muss es sämtliche durchaus mit Problemen verbundene Aufgaben, wie Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und Vermitteln erfüllen. Nebendarsteller sind sowohl die einzelnen Exponate, als auch die unglaublich sympathisch gezeichneten Personen, die im Museumsbetrieb ihr Geld verdienen, oder es besuchen – so wie etwa Bundespräsident Heinz Fischer. Der Film ist voll von kleinen, aber feinen Handlungssträngen, wie etwa der liebevoll inszenierten Pensionierung des Direktors der Hofjagd- und Rüstkammer, sowie Teamsitzungen oder zahlreichen Kleinarbeiten in der Restaurierungswerkstätte. Erzählungen erfolgen dabei lediglich über die Dialogebene. Denn während die Kamera in der Erkundung des Raumes stets im Mittelpunkt steht, scheint sie bei menschlichen Interaktionen vollkommen abwesend zu sein und – in der Tradition des Direct Cinema - nur ganz still und heimlich zu beobachten. Aber dieser Stil funktioniert einwandfrei, denn die einzelnen Bilder sprechen für sich selbst, interagieren mit dem Publikum und bedürfen keiner weiteren Erklärung.

    Mit seinen zahlreichen kreativen und verspielten Einfällen sowie der technisch einwandfreien Arbeit erweitert Holzhausen die Perspektiven des Museums. Die dabei verwendeten Stilmittel sind ebenso vielfältig, wie die einzelnen Gemälde. Er zerschneidet das Gebäude mit der Kamera und setzt es auf faszinierende Art und Weise wieder neu zusammen. Und so erlebt man das Kunsthistorische Museum so, wie es noch niemand zuvor gesehen hat. Und anders, als man im Vorfeld vielleicht annehmen könnte, kommt dabei nicht für eine Sekunde lang Langeweile auf. Grund dafür ist eine gewaltige Spannung in jeder Kameraeinstellung, sowie unglaublich viel Witz und Situationskomik in den einzelnen Szenen. Und so verwunderte es dann auch nicht, dass bei vielen Szenen - die stilistisch auch manchmal an Ulrich Seidl erinnern – auch schon mal herzhaft gelacht wird. Wie sehr dieses idyllische Bild eines fast perfekten Museums der Realität entspricht, ist jedoch eine andere Frage. Denn auch, wenn sie durchaus vorhanden ist, blitzt die Kritik am Museum in dieser Ode an die Institution immer nur zaghaft zwischen den Zeilen hervor.

    Fazit: Der Film zeichnet ein umfassendes Porträt eines der wichtigsten Museen der Welt und erschließt dabei Räume, Kunstwerke und Charaktere auf liebevolle Art und Weise. Und aufgrund des unglaublichen Witzes und der Verspieltheit von Kamera und Regie, strahlt der Film eine große Wärme aus und wird zu keinem Zeitpunkt langweilig. Besser kann man ein Museum nicht porträtieren.
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    07.02.2014
    20:27 Uhr