1 Eintrag
1 Bewertung
55% Bewertung
  • Bewertung

    Alltag in der Lagunenstadt

    Die romantische Lagunenstadt am Mittelmeer lockt jedes Jahr Millionen von Touristen an. Diese wollen sich entweder verzaubern lassen von dem Flair, der in den 60er- und 70er-Jahren oftmals auf der Leinwand zu bewundern war, oder sie sind nur Teil einer großen Gruppe, die ein Touristenziel nach dem anderen abklappern. Doch wie geht es den Einheimischen eigentlich damit, in einer Stadt zu leben, in der es sich größtenteils nur mehr um den Tourismus dreht? Dieser Frage geht der Dokumentarfilmer Andreas Pichler nach. Das Ergebnis seiner Recherchen unterscheidet sich doch erheblich vom Bild der Lagunenstadt, wie es in vielen Reiseführern gezeichnet wird.

    Pichler verzichtet auf große Auftritte und sarkastische Off-Kommentare a la Michael Moore, sondern begleitet einige Veneziani bei ihren täglichen Tätigkeiten. Wie beispielsweise einen Möbelpacker, der per Motorboot das Inventar vieler Wohnungen ans Festland bringt, da sich immer mehr Bewohner Venedigs die extrem hohen Mieten nicht mehr leisten können. So wie auch er selbst – und er belädt am Ende sein Boot mit seinem eigenen Hab und Gut. Weitere Protagonisten sind eine rüstige Hausbesitzerin, die einen Teil ihres Hauses auch an Touristen vermietet, ein älterer Gondoliere, der in Erinnerungen an die gute alte Zeit schwelt, wie auch ein Immobilienmakler, der vielen Fundamenten der Touristenstadt keine lange Lebensdauer mehr bescheinigt. Unterbrochen werden diese Alltagsgeschichten ab und zu von kurzen Texteinblendungen wie Einwohnerzahl, Anzahl der Touristen pro Tag oder geschätzte Einnahmen durch Tourismus. Alle weiteren Informationen ergeben sich nur aus den Erzählungen der gezeigten Personen.

    „Das Venedig Prinzip“ ist eine sehr unspektakuläre Dokumentation über den Alltag in Venedig. In ruhigen und teilweise dunklen Bildern (Aufnahmen bei Nacht, in baufälligen Häusern oder leeren Wohnungen) wird eine Seite der Stadt gezeigt, die Touristen normalerweise nicht zu sehen bekommen. Einzig die Aufnahmen der großen Kreuzfahrtschiffe, wie sie dicht neben den historischen Gebäuden anlegen, heben sich etwas ab. Das sind schon beeindruckende Bilder – wie auch am Kinoplakat zu sehen ist. Die Doku ist interessant, ja, aber nicht unbedingt für einen Kinoeinsatz prädestiniert. Dazu ist sie zu brav und zu leise – und es fehlt der Unterhaltungsfaktor.
    schifferl_8ecab76654.jpg
    21.07.2015
    10:12 Uhr