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    Der kranke Indianer

    Beinahe ein Zweipersonen Stück, das nicht nur realitätsbezogen ist - ein wahrer Fall - sondern auch über ein profundes Drehbuch verfügt, das den kaum greifbaren Stoff detailliert und mit viel Sensibilität vorstellt. Darüber hinaus lebt das Drama vom Gegensatz der beiden großartigen Hauptdarsteller: der Indianer Jimmy als Patient (Benicio Del Toro) und sein Psychoanalytiker George Devereux (1908-1985) (Mathieu Amalric), ein echter Pionier der Ethnopsychoanalyse.
    Von den Symptomen des Krankheitsbildes werden Kopfschmerzen, ein Flimmern vor den Augen, das fast zur vorübergehenden Erblindung führt, sowie Hörverlust erwähnt. Die Ärzte tun das als Schizophrenie ab. Dabei verfolgen ihn Schuldkomplexe ‘Ich bin ein Mann, der Frauen sterben lässt‘. Dr. Devereux geht neue Wege, lässt ihn von seinen Träumen und von seiner Kindheit erzählen. Schon bald findet er heraus, dass sich bei Jimmy alles immer um drei Problemkreise dreht: Angst, Sex und Lügen. Für Außenstehende nicht immer einfach nachzuvollziehen, wie Jimmys Beschwerden durch die Gespräche mit dem Arzt verschwinden. Hinzu kommt ein lebhaftes soziales Umfeld, das die Handlung inhaltlich bereichert. So hat Jimmy eine Tochter, deren Mutter verstorben ist und Dr. Devereux hat ein Verhältnis mit der verheirateten Madeleine (Gina McKee). Die berät ihn und bleibt doch unabhängig, kommt nur zu Besuch. Einleuchtend ist ihre logische Verknüpfung nach dem Babuschka-Prinzip: ‘Du packst die Seele ins Herz, das Herz in den Geist, den Geist in den Körper und den Körper in die Person‘.
    Der Arzt konstatiert eine bis dahin unbenannte Krankheit – wir sind kurz nach dem 2. Weltkrieg – ‘Seelenschmerz‘. Mit viel Freud’schen Ansätzen und viel Empathie heilt er den Indianer. Der Film ist ein Wagnis, aber ein gelungenes.
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    24.09.2016
    11:10 Uhr