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    Changing bodies, changing lives

    Exklusiv für Uncut
    Bei „American Mary“ (2012) führten die zwei kanadischen Zwillingsschwestern Jen und Sylvia Soska Regie. Ihr Debüt „Dead Hooker in A Trunk“ (2009) erhielt zwar durchwachsene Bewertungen, machte Kritikern wie auch Fans allerdings Lust auf mehr. „American Mary“ war meine Einführung in das Schaffen der Soskas und sorgte bei mir für einen durchwegs positiven ersten Einblick in ihre kreative Gedankenwelt. Dieses Review ist grundsätzlich spoilerfrei, es werden aber Szenen besprochen die nicht im Trailer zu sehen sind.

    Der Plot selbst beginnt mit der prototypischen Geschichte einer mit ihrem Medizinstudium ringenden jungen Frau. Gleichwohl ist das Ereignis, welches im weiteren Verlauf der Auslöser für das Filmende sein wird, eine frische Idee, die meine Meinung zum Film positiv beeinflusst hat. Mary hat Probleme die richtige Balance zwischen Studium und Arbeit zu finden und versucht in ihrer Geldnot einen Job im Rotlichtmilieu zu erlangen. Ein Unterfangen, das eine unerwartete Wendung nimmt. Da sie durch ihr Studium über beneidenswerte chirurgische Fähigkeiten verfügt, wird sie eine reichlich umworbene Körpermodifikation-Künstlerin.

    Die Darstellung einer Subkultur in jedweden Film ist entweder positiv und komplex oder beschränkt und klischeehaft. „American Mary“ vereint sowohl die eine als auch die andere Darstellung in sich. Menschen abseits dieser Subkultur können dem Film entnehmen, dass derlei Menschen fernab der Gesellschaft leben unglücklich und darauf aus sind persönliche Grenzen zu überschreiten. In einer der etwas schockierenden Szenen betritt ein Zwillingsschwesterpaar (dargestellt von den Soska Schwestern) einen Stripclub. Eine der Schwestern bietet einer Stripperin Geld, um ihr in die Zunge beißen zu dürfen. Daraufhin wird sie weinend zurückgelassen, während die Schwestern Mary aufsuchen. Die Stripperin hat zwar einem Kuss zugestimmt, aber nicht, dass ihre Zunge blutig gebissen wird. Die Missachtung von Zustimmung und persönlichen Grenzen ist keine Seltenheit in diesem Film. Beatress, die sich ihren Körper so verändern lassen hat um Betty Boop zu gleichen, weist etwa alle Bitten von Mary ab, von ihr alleine gelassen zu werden. Mary hat zwar auch andere Kunden, aber die Geschichten von Menschen abseits dieser Subkultur bleiben unerzählt. Durch mein eigenes Interesse und Erfahrungen mit Subkulturen scheint es mir so, dass die Soska Schwestern hiermit nicht ausdrücken wollen, dass bei einer Person die eine Extremität oder ihre Vulva entfernen lassen will etwas falsch laufen muss. Die Patienten erlangen immerhin nach der Modifikation ihres Körpers ihr persönliches Glück. Dennoch führt die ständige Verwendung von Klischees dazu, dass die Subkultur in ein schlechtes Licht gerückt wird.

    Ruby und Beatress sind zwei der extremst modifizierten Charaktere im Film. Die Stripperin Beatress zahlte, wie bereits erwähnt, mehrere tausend Dollar um Betty Boop gleich zu sehen. Ihre Freundin, die Modedesignerin Ruby, will ihr Angesicht dem einer Puppe angleichen, was ihr dank Mary auch gelingt. Trotz ihrer aufdringlichen Persönlichkeiten sind Ruby und Beatress meine bevorzugten Charaktere. Insbesondere Beatress. Was wohl daran liegt, dass ihre äußere Erscheinung nun dem gleicht wie sie sich fühlt. Beide Charaktere sind vollkommen kompromisslos in ihrer Darstellung.

    Der Film schreckt nicht vor medizinischen Humor zurück. Die Chirurgen etwa bezeichnen sich selbst als „slashers“ und scherzen darüber, dass sie Geld damit verdienen anderen Menschen aufzuschneiden. Dies könnte als Kritik an einer Gesellschaft gewertet werden die eine Art von chirurgischer Arbeit akzeptiert, aber Schönheitsoperationen und Körpermodifikationen ablehnend gegenübersteht. Obwohl die letzte Kategorie im Bezug auf den Körper keine lebensrettende Maßnahme darstellt, so kann sie doch Menschen helfen die aufgrund ihres Äußeren an Depressionen oder Beklommenheit leiden. So sehr ich es mir zwar wünschen würde, ich bin mir nicht sicher, ob der Film diese Botschaft auch tatsächlich vermitteln wollte.

    Der Goreanteil ist eher bescheiden und und lässt sich gut mit „Hannibal“ (2001) vergleichen. Der Großteil der Körpermodifikationen passiert abseits der Kamera. Close-Ups sind selten und meistens werden die Patienten nach der Operation im bandagierten Zustand gezeigt. Jemand der schon bei Hannibal oder TV Serien wie „CSI“ oder „Bones“ an die Grenzen seiner Belastbarkeit stößt, könnte dieser Film Unbehagen bereiten, während Splatterfans vom Gezeigten eher unbeeindruckt sein werden. Allerdings hat das Make-Up sowie Effekt-Team bei den Transformationen von Tristan Riks (Beatress) und Paula Lindberg (Ruby) in Betty Boop und einer Real-Life-Puppe eine großartige Arbeit geleistet. Ihr Anblick ist faszinierend wie auch unbehaglich. Im Anbetracht des geringen Budgets eine herausragende Arbeit. Insbesondere wenn man bedenkt, dass viele von Marys Patienten von Personen mit echten Körpermodifikation gespielt wurden und die Effekte dem direkten Vergleich standhalten.

    Mary dabei zuzusehen wie sie von einer Medizinstudentin zu einer Künstlerin wird, dabei vollkommen in ihrer Arbeit aufgeht und ihre eigenen Grenzen auslotet, wird die meisten Zuseher bei der Stange halten. Das Schauspiel von Katerine Isabelle passt zu ihrem Charakter und sie schafft es größtenteils den Wandel von Marys Persönlichkeit gut zu vermitteln. Es wäre wohl besser gewesen, wenn sie sich weniger auf ihren Rehäuglein-Blick und mehr auf darauf konzentriert hätte, den ständig schwindenden Bezug den der Charakter zu seinem Leben hat einzufangen. Dennoch schafft sie es, ihre Rolle bis zum Ende des Films zu tragen.

    Nachdem mich der Film mehr und mehr vereinnahmt hat, wartete ich begierig darauf welches Schicksal der Plot für die anderen Charaktere bereit hielt. Antonio, der Besitzer des Stripclubs, wird im Laufe des Films etwa mehr als nur das bindende Glied zwischen Mary und ihren Patienten. Die Gefühle, die er für Mary Stück für Stück aufbaut, haben ihren Reiz, trotz Billy Barkers durchwachsener schauspielerischen Leistung.

    Der Film beginnt und endet mit Franz Schuberts Stück „Ave Maria“. Eine nicht sehr originelle Wahl, bedenkt man den Namen der Protagonistin. Nichtsdestotrotz, eine passende Analogie. Schließlich hört Mary den Wünschen ihrer Patienten zu und gewährt jenen Seelen deren Wünsche von der etablierten Medizin verneint wurden Abhilfe.

    American Mary ist ein Film im soliden 50 %-Bereich. Kein Meisterstück, aber ich hatte nicht das Gefühl, als hätte ich 1 ½ Stunden meines Lebens vergeudet. Ganz im Gegenteil, ich fühlte Spannung als sich die dramatische Konklusion entfaltete und Traurigkeit wenn Charaktere dafür bestraft wurden wenn sie einfach nur sich selbst sein wollten. Der Film ist allerdings kein klassischer Horrorfilm, denn Übernatürliches ist in ihm nicht zu finden. Vielmehr ist er ein Psycho-Thriller über eine „American Mary“ die (berechtigterweise) zur wutentbrannten Frau wird (Rape-Revenge).
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    06.09.2017
    11:59 Uhr
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    Bloody Mary

    American Mary ist ein sehr vielversprechender Film, der meines Erachtens sogar Potential für eine Serie hätte. Guter Start und gute Schauspieler, die einem diese spezielle Untergrundszene sehr sympathisch näher bringt. Das letzte Drittel des Films schwächelt etwas, aber generell hatte der Film eine sehr angenehme Erzählstruktur und macht Lust auf mehr!
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    04.02.2015
    17:37 Uhr