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    Liebe als Fake

    Giuseppe Tornatore, der Meister der romantischen Liebe, dem es immer wieder gelingt an der Schmonzette vorbeizusteuern und doch voll in ein Meer der Emotionen zu tauchen, hat hier die Romanze in einen Krimi übergehen lassen, ohne das zu erwartende Happy End völlig auszuschließen. Hierbei können Worte die Stringenz des Plots und den Zauber der Optik nicht annähernd beschreiben. Seine Figuren sind mit sehr viel Empathie versehen.
    Und wenn man sich von dieser Lovestory zwischen dem älteren Kunstsammler und Auktionator Virgil Oldman (Geoffrey Rush) und der reichen Erbin Claire Ibbetson (Sylvia Hoecks), die angeblich an Agoraphobie leidet, nicht einfangen lässt, muss man dennoch höllisch aufpassen, dass man die Verständniskurve zum finalen Kunstraub nicht verpasst. Oldman stellt für Claire ein Wertegutachten über die Kunstwerke in ihrem Palazzo her, die sie anfangs verkaufen möchte.
    Zu einschmeichelnd schildert Tornatore überzeugend wie Virgil seine Beziehung zu Claire entwickelt, wie er sie optisch entblättert: vom geheimnisvollen Mysterium einer Unsichtbaren bis hin zur ersten haptischen Berührung. Die beeindruckende Macht der Bilder/ Gemälde und die Tiefe der Gefühle schicken zeitweise das Gehirn in Urlaub. Virgils ganzer Stolz ist seine Hall of Fame, eine Sammlung erlesener Gemälde von unschätzbarem Wert.
    Claire verschwindet und forciert das Tempo nicht ohne Virgil noch ihre Lebensweisheiten mitzuteilen: ‘In jeder Fälschung steckt was Echtes. Menschliche Gefühle sind wie Kunstwerke. Eine Fälschung ist immer möglich. Auch in der Liebe.‘ Doch der verliebte Kunstkenner und z.T. auch der Zuschauer überhört die stillen Direktiven. Er erschrickt erst als Virgil auf regennasser Straße krankenhausreif geprügelt wird. (der 1. Schock!) (?)
    Eine Reihe von Randfiguren wie die Kleinwüchsige (Kiruna Stamell), die in einer Bar gegenüber dem Palazzo am Fenster sitzt, die alles sieht und nur unlösbare mathematische Phänomene verbalisiert wie z.B. ‘die Fläche einer Strecke‘, heißt übrigens Claire Ibbetson und ist die Besitzerin des Palazzos…
    Als Virgil von seiner letzten Auktion zurückkommt, findet er seine ‘Hall of Fame‘ leer. (der 2. Schock!) (?). Allein die Kleinwüchsige kann sybillinische Auskünfte geben.
    Seine Freunde sind alle verschwunden: Robert (Jim Sturgess), der automatische Maschinenmenschen aus dem 18. Jhd. reparieren kann, seine Freundin Sarah (Liya Kebede), die auf die schöne Claire eifersüchtig sein könnte, sowie Virgils Freund Billy (Donald Sutherland), ein Kunstfälscher.
    Ein GPS-Sender in Virgils Auto lenkt ihn auf eine mögliche Spur seiner Freunde: Prag, Uhren-Restaurant Night & Day. Auf die Frage des Kellners Sind sie allein? antwortet er ‘Nein, ich warte auf jemanden.‘ Und da sitzt er nun und wartet…
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    08.04.2021
    13:41 Uhr
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    Das „Paradies“ der Kunst enthält so manch teuflische Falle ...

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2013
    Es ist ein wenig ungewöhnlich, aber umso erfreulicher, dass der italienische Starregisseur Guiseppe Tornatore („Cinema Paradiso“ wurde mit dem Oscar ausgezeichnet) für seinen Krimi im Kunstmileu nicht nur in Mailand, Rom und Prag, sondern sogar größtenteils in Wien gedreht hat. Wenngleich es sich um ein vollständig englisch sprechendes Wien handelt, was ein wenig seltsam anmutet, so bietet die ehemalige Kaiserstadt eine optimale Kulisse für den gefinkelten und sehr intelligent konzipierten und meisterhaft umgesetzten Thriller. Mit großer Ehrfurcht vor der Kunst packt Tornatore die spannende und kurzweilige Handlung in eine Art Liebeserklärung an die großen Maler der Geschichte und erhebt die Liebe des Sammelns edler Kunstwerke zu einer Leidenschaft, die der Liebe vergleichbar ist, mit der seine Hauptfigur einer jungen psychisch kranken Frau verfällt, die den bisher so selbstbewussten und sicheren Profi in einen anschmiegsamen und unvorsichtigen Naivling verwandelt. Besonders positiv aufgefallen ist mir nicht nur Geoffrey Rush in der Hauptrolle, sondern auch Jim Sturgess, der vor kurzem erst mit „The Cloud Atlas“ im Kino zu sehen war). Seine Figur des unglaublich sympathischen Kerls, der Vigil dabei hilft, seine eigene Unsicherheit zu überwinden, hat einiges an Überraschungen zu bieten, soviel sei schon mal verraten. Mit seinem natürlichen Charme lenkt er die Aufmerksamkeit geschickt dorthin, wo sie der Regisseur haben möchte und so kann gegen Ende die Bombe platzen ... Ein weiterer sehr gelungener Film über die Schönheit von Kunst und die Verführungskraft von Schönheit aus der Hand eines begnadeten Regisseurs.
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    12.02.2013
    23:54 Uhr