Forum zu Fatal Assistance

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    Gescheiterte Hilfeleistung

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2013
    Das große Erdbeben, das am 12. Jänner 2010 Haiti erschütterte, gilt als eines der verheerendsten der letzten Jahrzehnte. Und noch dazu traf es eines der ärmsten Länder der Welt. Doch kurz nach dem Beben war die Hoffnung groß, denn die internationale Gemeinschaft kündigte sofort große Hilfsmaßnahmen an. USA, EU & Co stellten Milliarden an Hilfsgeldern auf und zahlreiche NGOs übernahmen in Haiti das Kommando. Dennoch droht das Land auch zwei Jahre nach dem Beben noch immer im Chaos zu versinken. Und genau hier ist der Punkt, an dem der Dokumentarfilm des selbst aus Haiti stammenden Regisseurs Raoul Peck einhakt. „Fatal Assistance“ ist somit die Geschichte eines gescheiterten Wiederaufbaus. Und schnell merkt man, wie viel Arbeit in diesem Dokumentarfilm steckt. Über die Zeitspanne von zwei Jahren hinweg sammelte der Regisseur Bildmaterial und Interviews. Und er hat so ziemlich jeden, der in der Sache was zu sagen hat bzw. hatte vor die Kamera bekommen. So kann man beispielsweise Bill & Hilary Clinton, Sean Penn und anderen bekannten Persönlichkeiten während ihrer Arbeit in Haiti über die Schultern blicken. Und auch zu zahlreichen Konferenzen, in denen über das Schicksal das Landes diskutiert wurde, hatte Peck Zutritt.

    Dazu kommen Interviews von einem Querschnitt der Bevölkerung. Das heißt, dass vom Lehrer bis zum Präsidenten jeder einmal zu Wort kommt. Und gerade die Haitianer sehen sich in gewisser Weise Bevormundet und Hintergangen, da beim versuchten Wiederaufbau zu viele wirtschaftliche Interessen im Vordergrund standen. Dennoch ist der Film weder pathetische Leidensgeschichte, noch Anklageschrift. Dies liegt vor allem daran, dass die Argumente von beiden Seiten glaubhaft und logisch scheinen. Somit wird das Bild eines Systems gezeichnet, in dem der Wille zu helfen zu einem schlechten Ergebnis führte, was vor allem groben Fehlern in der Organisation der Hilfsmaßnahmen geschuldet ist. Ergänzt werden all diese Interviews von Archivaufnahmen und grafisch schön aufgeschlüsselten Zahlen und Fakten, sowie einem literarisch anmutenden Voice Over.

    „Fatal Assistance“ ist somit ein gut recherchierter und aufwendiger Dokumentarfilm, der trotz einiger Klagen auf eine eindeutige Schuldzuweisung verzichtet und es dem Kinopublikum ermöglicht sich mit Hilfe der vielschichtigen Bildmaterials selbst ein Bild von der gescheiterten Hilfeleistung zu machen.
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    07.02.2013
    23:57 Uhr