3 Einträge
2 Bewertungen
82.5% Bewertung
  • Bewertung

    Die Unglückliche

    Guillaume Nicloux hat den Roman von Diderot 2013 erneut verfilmt und legt ein ähnlich gutes Produkt vor wie seinerzeit Jacques Rivette (1966). Die anderen Nonnenfilme liegen im Mainstream Hollywoods und vertiefen andere Themen.
    Denise Diderot war einer der geistigen Wegbereiter der Französischen Revolution von 1789. Und als solchen muss man ihn heute sehen. Sein Briefroman war bei seinem Erscheinen soziales Dynamit und besitzt heute immer noch den Makel der Ungeheuerlichkeit für Fundamentalisten. Verbale Angriffe auf Kirche und Klerus legen Landminen in Dialoge. (z.B. ‘auch die Ehe kann die Hölle sein‘.)
    Suzanne Simonin (eindrucksvoll Pauline Étienne) wird als uneheliches Kind von ihrer Mutter (Martina Gedeck) gegen ihren Willen in ein Kloster geschickt. Sie verweigert das Gelübde und wird daraufhin von ihrer sadistischen Oberin (Louise Bourgoin) bösartig malträtiert. Im Kloster weht ein Hauch von autokratischer Diktatur, wobei Folter zur Beugung des Willens der Novizinnen an der Tagesordnung sind. Väterchen Stalin hätte seine Freude an diesem Klosterleben gehabt.
    Ein Advokat rollt Suzannes Fall auf. Eine neue Oberin (Isabelle Huppert) kommt und verliebt sich in sie. Sie steigt zu ihr ins Bett. Beide Mädels verhindern einen Softporno. Ihr Beichtvater, der zum Priesteramt gezwungen wurde, verhilft ihr zur Flucht aus dem ‘Klostergefängnis‘. Bevor sie ihren leiblichen Vater treffen kann, stirbt er. Beeindruckend ohne zu übertreiben. Ein sanfter Ausklang nach all dem Leiden.
    8martin_ea7f49f0f3.jpg
    31.08.2022
    11:30 Uhr
  • Bewertung

    Die Unglückliche

    Guillaume Nicloux hat den Roman von Diderot 2013 erneut verfilmt und legt ein ähnlich gutes Produkt vor wie seinerzeit Jacques Rivette (1966). Die anderen Nonnenfilme liegen im Mainstream Hollywoods und vertiefen andere Themen.
    Denise Diderot war einer der geistigen Wegbereiter der Französischen Revolution von 1789. Und als solchen muss man ihn heute sehen. Sein Briefroman war bei seinem Erscheinen soziales Dynamit und besitzt heute immer noch den Makel der Ungeheuerlichkeit für Fundamentalisten. Verbale Angriffe auf Kirche und Klerus legen Landminen in Dialoge. (z.B. ‘auch die Ehe kann die Hölle sein‘.)
    Suzanne Simonin (eindrucksvoll Pauline Étienne) wird als uneheliches Kind von ihrer Mutter (Martina Gedeck) gegen ihren Willen in ein Kloster geschickt. Sie verweigert das Gelübde und wird daraufhin von ihrer sadistischen Oberin (Louise Bourgoin) bösartig malträtiert. Im Kloster weht ein Hauch von autokratischer Diktatur, wobei Folter zur Beugung des Willens der Novizinnen an der Tagesordnung sind. Väterchen Stalin hätte seine Freude an diesem Klosterleben gehabt.
    Ein Advokat rollt Suzannes Fall auf. Eine neue Oberin (Isabelle Huppert) kommt und verliebt sich in sie. Sie steigt zu ihr ins Bett. Beide Mädels verhindern einen Softporno. Ihr Beichtvater, der zum Priesteramt gezwungen wurde, verhilft ihr zur Flucht aus dem ‘Klostergefängnis‘. Bevor sie ihren leiblichen Vater treffen kann, stirbt er. Beeindruckend ohne zu übertreiben. Ein sanfter Ausklang nach all dem Leiden.
    8martin_ea7f49f0f3.jpg
    20.02.2020
    12:32 Uhr
  • Bewertung

    (Wieder-)Verfilmung des Romans von Denis Diderot.

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2013
    Bereits in den 1960er Jahren wurde der Roman von Denis Diderot unter der Regie von Jacques Rivette schon einmal verfilmt. Rund um den Film gab es heftige Diskussionen und der Film konnte nur in einer stark zensurierten Fassung gezeigt werden. Nun, mehr als 50 Jahre später, war für den Regisseur Guillaume Nicloux die Zeit offenbar reif, sich des Themas neu anzunehmen und es zugleich über die unmittelbaren Bezüge zu Suzanne Simonin hinaus als zeitloses Drama rund um Zwang, Unterdrückung, religiöse Frömmelei und klosterinternes Mobbing hinaus zu positionieren. Vielleicht gerade aus dieser Absicht heraus ist dem Regisseur ein überraschend ausgeglichener Film gelungen, der sowohl jenen Erlebnissen ehrlicher Fürsorge und Zuwendung als auch den Erfahrungen von Gewalt, Erniedrigung und lesbischer Zudringlichkeit Platz gewährt. Unter diesen Vorzeichen ist er auch keine pauschale Anklage an die Kirche als allein Schuldige für Suzannes Schicksal geworden, sondern rückt auch die Verantwortung der Gesellschaft in der konkreten Gestalt ihrer Eltern und Geschwister in das gebührliche Licht. Der Versuchung, die homosexuellen Avancen der Oberin im zweiten Kloster, in dem es ihr eigentlich besser hätte gehen sollen, nur für Nacktszenen mit Skandalpotential auszunutzen, ist der Regisseur zum Glück auch nicht erlegen, wodurch sich für die junge Hauptdarstellerin Pauline Etienne ganz auf die Darstellung der emotionalen Achterbahnfahrt und den Versuch, ihren Willen zu brechen und sie seelisch auszuhungern, konzentrieren kann, was ihr hervorragend gelingt. Die Charakterzeichnung der beiden Ordensoberinnen ist dem Regisseur jedoch leider ziemlich missglückt. Sowohl Isabelle Huppert als auch Luise Bourgoin sind zwar auf unterschiedliche Weise die Quelle des Bösen, mit dem Suzanne fertig werden muss, wirken aber eher wie Karikaturen ihrer Figuren, die keinerlei Autorität ausstrahlen und sich aus diesem Dilemma leider auch nicht schauspielerisch retten können. Pauline Etienne als Suzanne überzeugt in ihrer Rolle jedoch auf allen Linien und in jeder Situation und hat sich sicherlich als mögliche Preisträgerin hier in Berlin qualifiziert.
    uncut_profilbild_558ce708a7.jpg
    10.02.2013
    23:16 Uhr