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    Ein neues Zuhause

    Das ist Ozons bis dato (2012) anspruchsvollster Film. Er geht von einer Situation aus dem Schulalltag aus und vermischt im Laufe der Handlung Fantasie und Wirklichkeit immer mehr, sodass wir am Ende nicht mehr ganz genau wissen, ob diese oder jene Szene bloß erdacht oder Wirklichkeit geworden ist.
    Anfangs ermutigt der Lehrer Germain (Fabrice Luchini) seinen Schüler Claude (Ernst Umhauer) Aufsätze zu schreiben. Aus Liebe zu Claude wird er sogar kriminell. Claude, selbst Halbwaise, beschreibt sein Eindringen in die geordnete Mittelstandsfamilie Rapha. Es entstehen Beziehungen zwischen ihm und dem Sohn und ihm und dessen Mutter Esther Rapha (Emmanuelle Seigner), in die er sich schreibenderweise verliebt. Das verdeutlicht er mit einem Gedicht (‘Selbst mit bloßen Füßen würde der Regen nicht tanzen‘.) Dazu kontrastiert die Situation des Ehepaars Germain, das kinder- und lieblos Claudes Aktivitäten anhand seiner Aufsätze verfolgt. Und der lebt und erlebt, was er schreibt bzw. er schreibt, was er erlebt. Oder? Mehrere Optionen ergeben sich dabei für einen Schluss. Manche sieht man, andere werden nur diskutiert. Zum Beispiel Germains Ehefrau Jeanne (Kristin Scott Thomas): Hat sie nun mit Claude oder nicht? Am Ende ist sie weg, die Raphas auch. Es bleiben nur Germain und Claude übrig, sitzend vor einer Wand mit vielen Wohnungen, in denen viel passiert. Da sieht man auch nicht alles, aber einiges. Hier ist Fantasie gefragt, mit der man das Gesehene einordnen muss. Viel Scholastik. Alles wäre möglich.
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    01.12.2014
    19:09 Uhr