london, anfang der fünziger jahre. am anfang des films steht die ankündigung eines selbtmords: hester (rachel weisz), die als frau des angesehenen richters sir william collyer (simon russell beale) ein komfortables leben zwischen kultur und gartenpflege hätte weiterführen können, hat sich jedoch für ihre liebe zum schneidigen RAF-piloten freddie page (tom hiddleston) entschieden – wohl wissend, dass ihre tiefen gefühle nur oberflächlich erwidert werden.
was nach einem weiteren schwülstigen frauenroman mit tragischem ausgang klingt, ist ein bis ins letzte detail stimmiger film – der gehörnte ehemann, in seiner eitelkeit verletzt, aber seiner angetrauten noch immer in liebe zugetan, versucht, sie zu verstehen: ist es primitive wolllust...? die schwiegermutter, die vor jeder echten leidenschaft warnt ("verhaltenes wohlgefallen ist sicherer"), der verständnislose freund, der zurückhaltung einmahnt, der priester mit dem traditionellen rollenbild ("deine loyalität gehört dem ehemann"), die vermieterin, die sich aufopfernd um ihren schwerkranken mann kümmert: "wahre liebe ist, jemandem den hintern abzuwischen und ihm dabei seine würde zu lassen." kurz angerissen, aber dennoch keine karikaturen, sondern zutiefst menschlich.
und hester und freddie? zwei völlig gegensätzliche charaktere: sie ein ozean an gefühlen, er ein luftikus, sie bricht bei klassischer musik in tränen aus, er bevorzugt "heiteres". er, der geliebte, fühlt sich durch ihre übermäßige liebe eingeengt und überrollt: er hat nie darum gebeten, geliebt zu werden. seine leidenschaft gilt der fliegerei, der mischung aus angst und abenteuern der kriegszeit... und so verschieden die beiden auch sind – beide versuchen einem "geistlosen leben" zu entrinnen, er durch alkohol, sie durch den gashahn.
fazit: ein film, den ich schon x-mal gesehen habe und der mich in den bann zieht, sobald ich die DVD in den player schiebe – die passende stimmung vorausgesetzt. das drehbuch (nach dem theaterstück von terence rattigan) ist trotz wenig "action" spannend und nuanciert, die besetzung exquisit, die musikauswahl kongenial: "pathetische" klassische musik (samuel barbers violinkonzert) für das melodrama der hester collyer, hadern wie "you belong to me" als gelungener kontrapunkt zur tiefen einsamkeit der liebenden; die ruinen am ende des films sind nicht nur post-war-setting, sondern metapher für den zusammenbruch des früheren lebens.
schön, vielschichtig und stimmig bis ins detail – ein kritikerliebling, der rachel weisz eine golden-globe-nominierung eingebracht hat und trotzdem nie bei uns regulär im kino zu sehen war. dass die viennale ihn ins heurige festivalprogramm aufgenommen hat, ist daher umso höher anzurechnen.
(viennale 2016)