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    Intimer Einblick in Abramovic’ gleichnamige Perfomance


    Marina Abramovic wird mit ihren 65 Jahren liebevoll „grandmother of performance art“ genannt. Ihre Performance-Kunst, machmal im Museum, manchmal auf öffentlichen Plätzen, einmal sogar im Rahmen einer dreimonatigen Wanderung über die Chinesische Mauer, ist heute Kult, auch wenn sie lange Zeit als Verrücktheit abgestempelt wurde. Für eine Retrospektive im New Yorker Museum of Modern Art beschloss Abramovic nicht nur alte Performances und Werke der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sondern ihre bis dato härteste Performance zu realisieren: „The Artist is Present“ soll das halten, was der Titel verspricht – Im Rahmen der dreimonatigen Ausstellung soll Marina Abramovic non stop während den (langen) Öffnungszeiten des MOMA anwesend sein. Fastend und nahezu bewegungslos möchte sie auf einem Sessel sitzen – ihr gegenüber ein leerer Stuhl, auf den sich BesucherInnen gesellen können und schlichtweg Marina eine zeitlang ansehen können. Die Performance wurde in New York schnell zum Kult (selbst James Franco stellte sich stundenlang an um gegenüber von Abramovic zu sitzen). Ihre Performance im Sitzen und Nichtstun außer anwesend zu sein ist wahnsinnig spannend – und genau diese paradoxe Spannung fangt Matthew Akers Film brillant ein. Nach den obligatorischen biographischen Auszügen, widmet sich die Doku der Vorbereitung auf die Ausstellung. Fasten, Selbstfindung durch geteilte Stille mit anderen Performern in ihrem Privathaus, Beschäftigung mit der Vergangenheit (wohl eher ein Aspekt, der dem Film und weniger der Performance dienen soll). Abramovic gibt stets die super-professionelle Künstlerin, doch besonders interessant ist der Film in den Momenten, in denen ihre Stärke zu bröckeln beginnt und sie schon in der Vorbereitungsphase vor dieser psychischen und physischen Belastung zerbricht. Akers ist stets nah an seiner Protagonistin, wahrt jedoch die notwendige Distanz damit wir als Zuschauer auch die Performance selbst und nicht nur Marina Abramovic als Mensch verstehen. Gegen Ende wird reine Suspense aufgebaut: Wird sie es schaffen, die drei Monate durchzuhalten? Wie reagiert das New Yorker Publikum darauf (hier ist von Unverständnis und Abscheu bis zu einem unglaublichen Fan-Hype, der an Rock-Star-Fans erinnert, alles dabei)? Schade ist einzig das abrupte Ende unmittelbar nach der dreimonatigen Ausstellung bzw. Performance. Hier hätte man ruhig Marina selbst zu ihren Erfahrungen dabei befragen können. „The Artist is present“ ist jedoch ein wunderbarer Dokumentarfilm über die (Un-)Möglichkeiten der Performance-Kunst und ein gelungener Blick hinter die Kulissen der „grandmother of performance art“, die sich zwar häufig splitternackt gezeigt, aber selten so intim gegeben hat.
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    12.02.2012
    23:41 Uhr