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70% Bewertung
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    Love is a monster

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    Mein zwanzigster und letzter Film der heurigen Viennale ist „Jack and Diane“, und so möchte ich meinen Rückblick gleich von hinten beginnen. Damit ein Film auf meine Viennale-Watch-List kommt muss er nicht viel vorweisen. Ein kleines Detail reicht meist schon und dann will ich auch gar nicht mehr über den Film wissen und lasse mich voll und ganz überraschen. Bei „Jack and Diane“ waren es gleich zwei kleine Details, zum einen spielt der Film in meiner Lieblingsgegend in New York und zum anderen bin ich spätestens seit „Kaboom“ ein kleiner Fan von Juno Temple. Mehr wusste ich über den Film nicht. Ich wusste nicht einmal dass Jack in Wirklichkeit ein Mädchen ist (das ist aber nicht wirklich ein Spoiler). Ich wusste auch nicht, dass der Film an seinem Startwochenende mit zwei gestarteten Kopien nur 294 Dollar (!) eingespielt hat. Ich wusste nicht, dass der Film auf IMDB nur eine durchschnittliche Bewertung von 4,6 hat und auf Rotten Tomatoes sogar nur 13 %. Auch die vernichtenden Kritiken sind (zum Glück) spurlos an mir vorrübergegangen.

    Und so ganz unbefangen saß ich also im (mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht erklärbaren) halbvollen (nicht halbleeren) Kino und muss sagen, dass mir der Film nicht schlecht gefallen hat. Er ist kein Meisterwerk, hat einige seltsame Stellen und schwebt ein wenig zwischen den Genres, aber mir war fast zwei Stunden lang nie langweilig und ich habe auf der Viennale schon deutlich schlechtere Filme gesehen. Wobei es an dieser Stelle vielleicht etwas seltsam ist, warum ein Film der von Kritikern und Publikum gleichermaßen verrissen wird, zu so vielen Filmfestivals und auch zur Viennale eingeladen wird.

    Aber kommen wir noch einmal zurück auf den Genre-Mix. Der Film ist einerseits eine (lesbische) Teenie-Romanze, aber auch ein Thriller mit einigen Schockelementen und man wird aus den in den Film eingebauten Animationsszenen, mit Haaren, die sich durch das Innere eines Körpers kämpfen nicht ganz schaue. Bis zum Schluss war mir nicht ganz klar, was mir der Film damit sagen will. Wobei es natürlich an sich nicht schlecht ist, wenn der Film Dinge offen lässt, aber hier wurde dann im Film doch diesbezüglich zu viel offen gelassen. Vor allem, nachdem die Szenen mehr Sinn ergeben wenn man das Filmplakat gelesen hat (was ich in diesem Fall auch erst nach dem Film getan habe.). „Love is a monster“ so der Slogan des Films und das trifft den Film eigentlich nicht schlecht.

    Positiv aufgefallen ist im Film die Musik von Múm, aber auch die eingebauten alten Songs. So spielt zum Beispiel das Lied „Only You“ von den Flying Pickets eine wichtige Rolle. Die Protagonisten im Film geben selbst zu, dass es „cheesy“ ist, aber einen einfach in seinen Bann zieht. Apropos Musik: Kylie Minogue hat nicht nur musikalisch an diesem Film mitgewirkt, sie ist auch als Schauspielerin zu sehen. Allerdings in einer so kleinen Rolle, dass ich mir sicher bin, dass das anbringen ihrer künstlichen Tattoos länger gedauert hat als ihre Drehzeit.

    Der Film war übrigens der einzige meiner Viennale-Filme bei dem es keinen Applaus gab. Was aber auch am nur halbvollen Saal der Nachmittagsvorstellung liegen könnte. Es gab aber auch keine Buh-Rufe, wie man sie vereinzelt beim Viennale-Trailer gehört hat.

    Was gibt es also schlussendlich für eine Bewertung? Trotz der vielen negativen Kritiken möchte ich eine Lanze für den Film brechen. Auch wenn der Film wahrscheinlich bei uns nie regulär in die Kinos kommen wird, auch wenn er natürlich vielen nicht gefallen wird, und auch wenn es natürlich kein Qualitätskriterium ist, wenn man sagt, dass man schon schlechteres gesehen hat. Der Film hat mich unterhalten und bekommt daher 70 %. Davon 10 % New-York-Bonus und 10% weil er NICHT in 3D ist. OK, zugegeben, den Nicht-3D-Bonus gibt es nicht, aber das wäre doch einmal ein Vorschlag für Leander Caine…
    uncut_4fd94f1238.jpg
    06.11.2012
    20:58 Uhr