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    Kunstvolle Propaganda


    Dass Zhang Yimou ein Meisterregisseur und einer der Besten seines Faches ist, ist kein Geheimnis. So gewann er bereits zahlreiche Bären in Berlin und wurde auch sonst schon auf der ganzen Welt mit Preisen überhäuft. Jedoch musste er sich in seiner gesamten Karriere immer wieder die Vorwürfe gefallen lassen, dass seine Filme zu starke propagandistische Züge aufweisen. Unvergessen ist z.B. die Szene seines Debütfilms „Red Sorghum“, in denen blutrünstige Japaner über ein Dorf herfallen und die Chinesen zwingen, sich gegenseitig bei lebendigem Leib zu häuten. Chinesischer Nationalstolz ist eines seiner Lieblingsthemen, was nicht zuletzt 2008 in der pompösen Inszenierung der Eröffnungsfeier der olympischen Sommerspiele in Peking gipfelt.

    In seinem neuesten Werk bemüht er sich um eine Darstellung der japanischen Kriegsverbrechen der 30er. Genauer gesagt geht es um die Massenvergewaltigungen und den Krieg in Nanking. Der Film ist jedoch weniger an historischer Darstellung, als an einer Anklage der Japaner interessiert. Eine Darstellung der Ereignisse, die mit den Stilmitteln von Kriegspropaganda operiert. Propaganda, die durch Yimous erstklassige Art Filme zu machen um ein vielfaches verstärkt wird. Kamera, Schnitt, Schauspiel – alles ist erwartungsgemäß sehr gelungen. Die Bildsprache ist gewaltig. Yimou weiß eben, wie man mit Details, Gesten, Licht und Farben Geschichten erzählen und Gefühle im Publikum hervorrufen kann.

    Umso problematischer ist es, wenn er diesen Stil in den Dienst der Propaganda stellt. Alle Japaner sind blutrünstige und geisteskranke Monster, die den ganzen Film lang nur auf die Vergewaltigung und die Ermordung hilfloser chinesischer Schulkinder aus sind. Dies ist ihre einzige Motivation im Film und der Anstoß der Handlung. Die Propaganda betrifft aber nicht nur die Darstellung der Japaner (die vielleicht sogar in gewisser Hinsicht historischen Tatsachen entspricht), sondern die der Chinesen. Der Film ist eine Geschichte über Nationalstolz, Heldentum und Aufopferung für das Vaterland. Der einzelne zählt nur wenig und es ist eine große Ehre sich edelmütig für die Gruppe zu opfern. Der Film erzählt eine Leidensgeschichte einer unterdrückten Kultur. Dies alles sind Narrative, die es schon immer in der Filmgeschichte gab. Sowohl im Nationalsozialismus, als auch in Hollywood. Natürlich ist es auch wichtig diese Kriegsverbrechen anzusprechen und sie nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, aber selbst Filme über den Holocaust verwenden mittlerweile immer häufiger ausgeklügeltere und intelligentere Narrative, um von dieser Schreckenszeit zu erzählen.

    Abgesehen von diesen Darstellungsweisen enttäuscht aber auch das Drehbuch (bzw. die Romanvorlage). Die Handlung wird oft auf dumme und unlogische Art und Weise vorangetrieben. Mädchen in Todesangst laufen den Japanern in die Hände, weil sie eine Katze suchen, oder schlagen sich quer durch ein Schlachtfeld, weil sie unbedingt eine Saite für ein Musikinstrument oder Ohrringe holen müssen. Die ganze Geschichte ist darauf ausgelegt die Ereignisse möglichst herzzerreißend darzustellen.

    Fazit:
    „The Flowers of War“ ist ein visuell sehr gelungener Film mit guten Schauspielleistungen. Christian Bale spielt Christian Bale und liefert eine für ihn recht normale Leistung ab. Die Bildsprache ist bombastisch. Der propagandistische Film ist dabei als reine Anklageschrift an die Kriegsverbrechen Japans konzipiert und richtet auch die Darstellung der beiden Kulturen darauf aus. So wird in Japan niemand zur Einsicht kommen – vor allem, weil dort der Film vermutlich keinen Starttermin bekommen wird. Doch auch, wenn man diese kunstvolle Propaganda mit der Tatsache legitimiert, dass sie auf wahren Kriegsverbrechen beruht und diese nicht in Vergessenheit geraten sollten, hat der Film viele Schwächen. Die teils langweilige, pathetische und viel zu gefühlsbetonte Geschichte über Leid und Opfertum ziehen die 140 Filmminuten extrem in die Länge.
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    13.02.2012
    23:58 Uhr