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    Der Börsianer & die Putze

    Börsenmakler Stephan (Gilles Lellouche) engagiert Putze France (Karin Viard), die zum Kindermädchen aufsteigt und sogar in seinem Bett landet. Am Ende erfährt sie, dass er verantwortlich war, für die Schließung ihrer Fabrik.
    Diese oberflächliche Betrachtungsweise übersieht allerdings die Vorzüge des Films.
    Die beiden Spitzendarsteller sind überaus überzeugend in ihren menschlichen Gegensätzen. Beide bleiben verletzliche Wesen, die anrühren. Aus marxistischer Sicht sind sie Klassenfeinde, aus kapitalistischer sind ihre Intentionen gleich: beide wollen ein Stück vom großen Kuchen.
    Die Story wird mit viel Witz erzählt. Dicht an der Wirklichkeit steuert sie ständig zwischen Feuer und Eis, Geschäft und Gefühl. Als France sein Telefonat mithört, begreift sie, dass er noch nicht kuriert ist. Also Frontalangriff.
    Besonders der offene Schluss adelt den Film. Aschenputtel oder so wäre ein Fehlschlag gewesen. Man kann und soll sich sein Ende selbst zusammenreimen.
    In vielen kleinen Details kommen aber auch noch Wertvorstellungen rüber wie ‘Ihr Sohn ist nicht mit Geld zu bezahlen‘ oder wenn France Stephan erklärt, wie die Frauen ticken und versucht ihn vom Womanizer zum mitfühlenden Menschen zu machen. Immerhin muss er ein Tränchen verdrücken, als France seinen Sohn entführt. Beide durchleben eine Katharsis in gegenläufiger Bewegung. Er erklärt ihr seine Zahlentabellen und wie der Kapitalismus funktioniert, sie geigt ihm seine Meinung, korrigiert seine Ausdrucksweise und begleitet ihn zu einem Geschäftsessen als seine russische Eroberung, die in der VHS die Landessprache gelernt hat. (‘Mit meinem Regenschirm esse ich Sahnetorte‘.) Jetzt versteht sie den Kapitalismus. Unter Insidern werden nämlich die finanziellen Aktivitäten mit Ausdrücken aus dem Sexualleben benannt. (‘Na, welche Bank fickst du heute?‘)
    Charmant, unterhaltsam und mit viel Esprit.
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    18.09.2015
    17:32 Uhr