Irgendwo in einem anonymen nordfranzösischen Dorf wird der Zuschauer in das alltägliche Leben von diversen Jugendlichen und deren Familien eingeführt. Arbeitslosigkeit ist zwar Kern der allgegenwertigen Tristesse, doch das resultierende Problem ist Freud- und Lustlosigkeit, eine omnipräsente Langeweile. Die einzige Unterhaltung sind lustlose Motorradrennen, die scheinbar beliebig und zu jeder Zeit irgendwo stattfinden. Freddy, der Protagonist des Films, ist der einzige seiner Klique, der eine Freundin hat. Als sich für diese ein arabischer Junge aus dem selben Dorf zu interessieren beginnt, bringt das den bisher unterschwelligen Rassismus zum überlaufen.
Bruno Dumonts Debütfilm ist keineswegs jedem Zuschauer zu empfehlen. Durch die Darstellung von Alltag, insbesondere von Langeweile, passiert oft über einige Strecken hinweg sehr wenig. Doch genau hier liegt die visuelle Stärke des Filmemachers Dumont: Er kann aus den alltäglichsten Kleinigkeiten das Drama herausarbeiten und fängt mit viel Sensibilität für das Visuelle das (wenige) Geschehen gekonnt ein. Auch arbeitete hier Dumont mit Laiendarstellern, was dem Film überhaupt nicht anzumerken ist. Gerade die explizit sexuellen Szenen (man darf vermuten, dass Ulrich Seidl hier auch die ein oder andere Inspiration gefunden hat) wirken sehr natürlich – vielleicht etwas, das nur durch Laiendarsteller in dieser Form darstellbar ist.
„La Vie De Jésus“ (der Titel ist alles andere als Programm – Dumont hat ihn laut eigener Aussage beliebig gewählt, doch trotzdem zollt das Ende des Film dem Titel Tribut) ist ein Paradebeispiel für ein Drama, das lange verarbeitet werden muss um geschätzt zu werden. Wer sich ungern tagelang und länger mit Filmen auf intellektueller Ebene auseinandersetzt und den Sinn des Kinos in reiner Zerstreuung und Unterhaltung sieht, sollte sich nicht unbedingt an Dumont wenden. Für alle Freunde und Fans des europäischen Autorenkinos ist „La Vie De Jésus“ ein Muss.
