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6 Bewertungen
90% Bewertung
  • Bewertung

    Alles andere als schön

    Eine überaus beeindruckende Sozialstudie vom großen Inarritu, der sich hier fast selber übertroffen hat. Formal folgt Kameralegende Prieto meistens den Figuren hautnah und schafft mit teilweise unscharfen bzw. Ausschnitten eine klaustrophobische Atmosphäre, in der das Proll-Ambiente voll versifft zum Leuchten kommt. Anfang und Ende folgen der Ringtheorie im doppelten Sinne. Die Bilder sind gleich und es geht um die Weitergabe eines Familienringes.
    Der wie immer supergrandiose Javier Bardem (Uxbal) prägt den Film. Wir werden in eine Welt voller Probleme geworfen, in der er versucht, den Kopf über Wasser zu halten: Krebsdiagnose, Migrantenausbeute, homosexuelle Chinesen, Eheprobleme und zwei unterschiedliche Brüder (Uxbal und Tito). Aber es gibt auch heilende, schwarze Steine der Esoteriker. Und der Titel ist Kinderschrift. Die können ja auch nicht wissen, dass das Leben alles andere als ‘schön‘ ist.
    Es kristallisiert sich ein zentrales Ehedrama heraus, das alle anderen Probleme überschattet. Bardem durchaus ebenbürtig agiert Ehefrau Marambra (Maricel Álvarez). Sie wird zwischen Depressionen, abgewiesener Liebe ihres Mannes, Mutterschaft und Hure hin und her geschleudert. Aufbrausende Gefühle wechseln bei ihr mit hilfloser Niedergeschlagenheit. Zwischen allen Abgründen segelt Uxbal und findet immer wieder einen rettenden Strohhalm. Er beherbergt die Mutter eines ausgewiesenen Afrikaners. Am Ende zeigen Inarritu und sein Kameramann ihr Können. Da bleibt manches ungesagt oder nur bebildert, Uxbals Ende wird mit Symbolen garniert und das Verhalten der Afrikanerin bleibt irgendwie in der Schwebe. Es wird ganz ganz duster. Ein Abschied halt. Er sitzt buchstäblich neben sich. Gekonnt die letzte Einstellung: Uxbal geht aus dem Bild mit ‘Was ist da?‘
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    11.03.2016
    11:40 Uhr
  • Bewertung

    100% für

    die Geschichte.
    die brillianten Charaktäre.
    die noch brilliantere Darstellung derselben durch die Schauspieler.
    die Authentizität.
    die Bilder Barcelonas aus einem anderen Blickwinkel.
    Alejandro González Inárritú - Regiegott auf Erden.
    25.08.2011
    08:46 Uhr
  • Bewertung

    Ganz großes Kino!

    Schwer bekömmlich, regt zum Nachdenken an und stellt "den kleinen Mann" als Teil-Akteur in die Welt der Globalisierung und des Kapitalismus- ohne zu beschönigen, ohne auszuschmücken, ohne ein zu viel an Kritik- einfach, nüchtern und prägnant. (Und nicht weit von Östereich entfernt und in dem gleichen Unionskonstrukt vereint.)
    Javier Bardem glänzt in seiner Rolle als gescheiterter Familienvater und als Mann, der im Rad des Hamsters eifrig seine Runden dreht, um selbst über die Runden zu kommen- und mit ihm seine Kinder. Schön fand ich dass Ende, in dem sich die Frau trotz Heimwehs und Babys der Kinder annimmt und aus dem symbolischen Kreislauf des Geldes ausbricht und ihr Moral und die Ethik des richtigen Handelns am Herzen liegen. Sie verletzt nicht Uxbals Vertrauen in sie.
    Ich fand die Rolle seiner fast Ex-Frau, die eine bipolare Störung aufweist, war brilliant gespielt. Zum ersten Mal in meiner Filmwelt-Erfahrung wurde diese Störung gut konturiert, nüchtern herausgearbeitet und konsequent der Krankheitsverlauf bzw. die psychisch bedingten emotionalen Auf und Abs dargestellt - ohne die psychisch Kranke als schwach zu präsentieren oder ihr notgedrungen auf Grund des Skripts im Laufe des Films klischeeartig zur Besserung zu verhelfen.
    19.06.2011
    16:19 Uhr