Forum zu Howl

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    Lyrik zum Heulen schön

    In diesem Feature haben Epstein und Friedman versucht das Lebensgefühl der Beatniks nachzuempfinden. Am Beispiel des Prozesses gegen Allen Ginsberg (James Franco) demonstrieren sie, wie sich diese Generation artikuliert hat. Interviews wechseln mit Szenen aus dem Gerichtssaal und die werden wiederum durch Animationen unterbrochen. Das ist anspruchsvolle Unterhaltung auf höchstem Niveau, denn neben der fast nicht stattfindenden Handlung hören wir lange Passagen aus ‘Howl – Das Geheul‘. Und das ist schwere Kost. Man hat nicht so sehr mit dem Textverständnis zu kämpfen als mit dem Gewöhnungsprozess an die verbalen Ungewöhnlichkeiten wie z.B. ‘ und Alkohol und Schwanz und endloses Rumficken‘…
    Es sind die extrem prüden 50er Jahre als McCarthy Amerika mit seiner Kommunistenphobie beherrschte. In dieser Atmosphäre soll juristisch geklärt werden, ob Ginsbergs Lyrik ‘obszön und pornographisch‘ sei. Dabei geht es um die Freiheit der Kunst, um die Frage wodurch entsteht Literatur überhaupt? Es wird deutlich, dass man Ginsberg nicht verstehen muss, sondern eher nur erfühlen kann, wenn man von seinen Texten emotional berührt wird. Vergleiche mit dem amerikanischen Übervater Walt Whitman und seinen ‘Grashalmen‘ werden bemüht. Das Urteil am Ende lautete ‘Nicht obszön‘. Es werden zwar nicht alltägliche Begriffe verwendet, aber ‘ein Schuft der Böses dabei denkt.‘
    Reines Arthouse, das immer noch recht irritierend unter die Haut geht.
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    18.03.2013
    18:58 Uhr
  • Bewertung

    Der Zeit ihre Kunst – Der Kunst ihre Freiheit

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2010
    Die Diskussion darüber, woran sich messen ließe, was Literatur bzw. Kunst ist und was nicht ist wohl so alt wie menschliches Kunstschaffen. Immer wieder gab es Versuche, unbestreitbare Kriterien dafür aufzustellen, was Kunst ist, woran sich ohne jeden Zweifel erkennen ließe, ob es sich bei dem Werk eines Literaten, einer Dichterin oder eines Malers um wahre Kunst handelt. Alleine auf der sprachlichen Ebene ist es gar nicht möglich, vom „Werk eines Künstlers“ zu sprechen, ohne der betreffenden Person gleichzeitig zuzugestehen, Kunst zu schaffen. Im Falle des Gedichtes „Howl“ von Alan Ginsberg gingen damals in den USA der 1950er Jahre die Wogen hoch. Manche empfanden schon alleine die Worte, die Ginsberg darin benutzte, obszön, andere wiederum meinten, es enthielte keinerlei künstlerisch wertvolle Aussage, sondern wäre eine bloße Selbstinszenierung des Autors. Schließlich kam es soweit, dass der Verleger, der das Gedicht veröffentlicht hatte, vor Gericht stand und sich dafür verantworten musste, ein obszönes Werk von öffentlichem Ärgernis publiziert zu haben. Er wurde schließlich freigesprochen und „Howl“ ist bis heute sein größter Erfolg. In ihrem Film zeichnen die Regisseure Epstein und Friedman den Prozess rund um die Veröffentlichung nach und versuchen sich außerdem an einer Umsetzung des sperrigen Textes in Bilder. Nebenbei lassen sie auch den Autor selbst (großartig!-> James Franco) zu Wort kommen und seine Lebensgeschichte rund um „Howl“ erzählen. Das Resultat ist ein Film mit einem gewissen experimentellen Charakter, besonders dort, wo Teile des Gedichts in Bilder übersetzt werden. Angesichts der sprachlichen Dichte des Textes und der Abstraktheit seiner Sprache entschieden sie sich für eine Umsetzung der Textpassagen in Animationssequenzen, die leichter in der Lage sind, die reine vordergründige Textebene zu transzendieren und mit ihren bunten, mitunter verstörenden Bildern voller bunter Blumen neben überlebensgroßen Genitalien und kopulierenden Paaren unterschiedlichen Geschlechts einen Hauch dessen sichtbar zu machen, was in Ginsbergs Text angeprangert und verdammt, gepriesen und verehrt wird. Die bunte Mischung aus Biographie, Gerichtssaaldrama und experimentellem Animationsfilm müht sich redlich an der Umsetzung des schwierigen Stoffes ab und liefert eine überraschend nachvollziehbare Deutungsvariante des Gedichts, ohne sie dabei als absolut zu erklären und lässt genug Raum für anschließende Diskussionen. Sie überzeugt vor allem mit ihrem Hauptdarsteller James Franco und mit ihren eigenwilligen, aber stimmigen Animatiossequenzen. Genauso wie jede Interpretation eines literarischen Textes immer hinter dem Ganzen des Enthaltenen zurückbleiben wird, so kann auch dieser Film nicht jeden einzelnen Aspekt in seinen Kontext rücken und der Leserschaft die Arbeit abnehmen, sich mit Literatur persönlich auseinander zu setzen. Einen Gusto darauf macht er aber allemal.
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    12.02.2010
    23:56 Uhr
    • Bewertung

      agree

      Habe den Film heute in den Morgenstunden bei der Berlinale nachgeholt und kann nur allem zustimmen. Die Animationssequenzen sind ganz besonders sehenswert und auf jeden Fall eine ideale Art und Weise ein Gedicht wie "Howl" visuell umzusetzen.
      Neben deinem Lob zu James Franco ist meiner Meinung nach aus David Strathairn herauszuheben. Er spielt den Anklaeger und geht in seinen Argumenten vor Gericht unter. Er ist der klare Hoehepunkt im Gerichtssaal, obwohl natuerlich die wunderbare supporting cast mit Jeff Daniels, Mary Louise Parker und Jon Hamm toll besetzt ist.
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      13.02.2010
      17:35 Uhr