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    Liebe, Religion und Klassenbewusstsein

    Es ist ein meisterlich komplexes Bild der englischen Gesellschaft zwischen den Weltkriegen. Regisseur Julian Jarrold hat den Roman von Evelyn Waugh mit vielen großartigen Darstellern genauso umgesetzt, wie sich das der Leser heute vorstellt. Die Kluft zwischen Adel und Bürgertum war deutlicher erkennbar als heute. Besonders für diejenigen, die mit dem Ambiente von Oxford vertraut sind, ist es wie ein Wiedersehen mit der alten Heimat. (hier vor allem die old Bodleian Library als Wahrzeichen der Stadt!). Der bürgerliche Atheist Charles (Matthew Goode) erhält ein Stipendium an der altehrwürdigen Universität und freundet sich mit dem adligen Sebastian (Ben-M-Whishaw) an. Beide Jungs beginnen eine innige homoerotische Beziehung. Der junge Adelige ist ein hoffnungsloser Alkoholiker, der Bürgerliche überzeugt mit seinem Intellekt. Nach und nach begegnet Charles dem Rest von Sebastians Familie und wird zu einem so guten Freund, dass sogar die fundamentalistische Lady Marchmain (Emma Thompson) obwohl sie ihn rausgeworfen hatte, um Hilfe bittet wegen ihres Sohnes Sebastian, dem schwarzen Schaf der Familie.
    Charles verliebt sich in dessen Schwester Julia (Hayley Atwell). Die muss aber einen Katholiken heiraten, was sie nicht daran hindert mit ihm zusammenzuleben. Charles hatte inzwischen Celia (Anna Madeley) geheiratet, die ihn als Maler groß rausbringt. Doch Charles und Julia wollen gemeinsam fortlaufen als Julias Vater Lord Marchmain (Michael Gambon) zum Sterben nach Brideshead kommt. Der Bürgerliche erfährt, wie haushoch Familie und Religion alle Interaktionen der Mitglieder bestimmen. Charles und Julia dokumentieren eine der schönsten Trennungen der Filmgeschichte. ‘Ich hoffe, das bricht dir das Herz!‘
    Eine wunderschöne Liebesgeschichte ohne dauerhafte Erfüllung. Nicht wegen der moralischen Anstößigkeit, sondern wegen des zwanghaft knebelnden Familienverbandes, der sogar die Sexualität bestimmt. Die Geliebte von Lord Marchmain, Cara (Greta Scacchi) steht wie selbstverständlich mit am Totenbett, nachdem Lady Machmain verstorben war. Gekonnt, anschaulich und ergreifend nachdenkenswert.
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    15.11.2021
    19:42 Uhr