Der Eintrag ist schon älter, aber ich habe den Film kürzlich gesehen und sehe das so ähnlich. Der Film bietet eindimensonale pathologisch überdurchschnittlich auffällige Charaktere ohne Schattierungen, Überraschungen oder Kontraste. Der Zuschauer wird zum Voyeur von überdurchschnittlich verhaltensauffälligen Menschen (und wer behauptet diese repräsentieren unsere Gesellschaft gehört entweder selbst bzw. sein Umfeld dazu, oder ist Misanthrop) und je nachdem welche Persönlichkeit der Zuschauer selbst hat ergötzt man sich an diesen oder fühlt sich vom Film eher unangenehm belästigt.
Zur interessanten Ergänzung ist es auch hilfreich zu wissen was Seidl selbst über seinen Film denkt und sagt. Ich habe hier aus Neugier ein paar Interviews gelesen. Demnach scheinen diese Menschen im Grunde genommen Seidls Weltbild wiederzuspiegeln. Er meinte die Gesellschaft bestehe sinngemäß aus frustrierten Menschen die permanent nach ihrem Glück suchen. Doch Frustration und Zwangsstörungen sind vollkommen unterschiedliche Dinge. Ich habe das Gefühl Seidl wollte hier bewusst die Extreme unserer Gesellschaft ergründen, denn laut seiner eigenen Aussage möchte er mit seinen Filmen verstören. Doch wo bleibt die Pointe, eine übergeordnete Aussage die Sinn ergibt? Müssen wir erst solche Filme sehen um wie Kleinkinder zu begreifen, dass es solche Menschen gibt die Teil unserer Gesellschaft sind? oder ist es doch eher die Lust und die Freude daran Menschen zu beobachten die (noch) psychisch gestörter sind als man selber ist?
Irgendeine originelle zusammenhängende Geschichte sucht man hier vergeblich. Seidl wollte das eher wie eine Doku über verschiedene Menschen aussehen lassen, wobei die teils nervend wackelende Handkamera diesen Eindruck noch verstärkt. Bezeichnend, dass er nach seiner Aussage 1 Jahr Lang nach den Amateurschauspielern gesucht hat. Scheint ja doch nicht so einfach zu sein, verhaltensgestörte Menschen zu finden die hier mitmachen (wobei es hier natürlich Abstufungen gibt). So kam der autorasende, aggressive Prolo tatsächlich aus der Autoszene, der Alarmanlagenvertreter war tatsächlich einer im wahren Leben, wie auch „Wickerl“ ein Bordell-Besitzer in der Realität. Menschen die sich selbst darstellen? Man fragt sich, wie viel ist hier noch Film und wie viel schon leicht inszenierte Reality-Doku.
Pluspunkt ist die authentische Darstellungsweise (was auch Seidl selbst hervorhebt), aber mir missfällt dass hier ein sehr billiger Voyeurismus bedient wird, einem der Film indirekt Glauben lassen will, dass es sich hier um typische Fallbeispiele unserer Gesellschaft handelt und das letztendlich auch noch als Kunst vermarktet wird. Das hat so viel mit „Kunst“ zu tun wie RTL II und ATV-Reportagen/Reality-Soaps. Aber auch dafür gibt es ein Zielpublikum und Seidl bedient es.